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Berlin eine Stelle als politischer Direktor und Mitherausgeber der „Germania", der von diesem
herausgegebenen Zentrumszeitung, verschaffte. Kuenzer und von Papen lagen in ihren
Überzeugungen weit auseinander. Kuenzer war ein überzeugter Demokrat, auch wenn er in
der Aristokratie ein wesentliches Element des Gemeinwesens sah. Es kam zu heftigen Auseinandersetzungen
mit von Papen, der die „Germania" politisch auf Rechtskurs bringen wollte.10
Kuenzer sah sich deshalb gezwungen, seine Tätigkeit bereits 1927 wieder aufzugeben. Er arbeitete
sodann als Wirtschaftsexperte für verschiedene Unternehmen und seit 1931 auch als
selbständiger Devisenexperte.11 Von 1925 bis 1930 war er außerdem Mitherausgeber der katholischen
Zeitschrift „Abendland", die sich kulturpolitischen Fragen widmete. Kuenzer galt als
einer der prominentesten Vertreter des politischen Katholizismus in Deutschland.12 Er trat für
eine europäische Friedenspolitik ein und unterstützte die Vision der „Vereinigten Staaten von
Europa", war also Anhänger des Paneuropa-Gedankens.13 Als aktives Mitglied im „Friedensbund
deutscher Katholiken"14 erfuhr er Kritik auch aus Zentrumskreisen, vor allem aber rief
er damit die Missbilligung der neuen Machthaber hervor.15 Kuenzer sah jedoch im Eintreten
für eine europäische Verständigungs- und Versöhnungspolitik die Grundbedingung nationaler
Stabilität. In seiner Anklageschrift wird er später als friedenssüchtig bezeichnet werden.16 1933
wurde er als engagierter Katholik und ehemaliges Zentrumsmitglied von den Nationalsozialisten
in den endgültigen Ruhestand versetzt.17 Nur acht Jahre zuvor, 1925, hatte er im Alter von
49 Jahren die um zwanzig Jahre jüngere Gerda Gräfin zu Inn- und Knyphausen geheiratet, mit
der er zusammen die 1931 geborene Tochter Monika hatte (Abb. 3+4).

Widerstand

Von Anfang an war Kuenzer ein entschiedener Gegner des Nationalsozialismus, durch den er
auch all seine Hoffnungen auf eine Rehabilitation Deutschlands zerstört sah. Zum ersten offenen
Konflikt kam es, als Kuenzer 1935 auf einer Abendgesellschaft im Beisein eines NSDAP-
Mitglieds eine abfällige Bemerkung über den „Götzendienst" an Hitler machte.18 Nur der Für-

Vgl. zu diesem Konflikt um die politische Richtung der „Germania" Jürgen A. Bach: Franz von Papen in

der Weimarer Republik. Aktivitäten in Politik und Presse 1918-1932, Düsseldorf 1977, S. 192-315; ferner

den Briefwechsel zwischen Kuenzer und von Papen, Privatbesitz der Familie Kuenzer.

Uwe Schellinger: Richard Kuenzer, in: Badische Biographien N. F. Bd. V, hg. von Fred L. Sepaintner,

Stuttgart 2005, S. 165-167.

Schellinger (wie Anm. 8).

Vgl. Richard Kuenzer: Die Außenpolitik des Zentrums. Für Einheit und Freiheit des Reichs und für Verständigung
zwischen den Nationen, in: Nationale Arbeit. Das Zentrum und sein Wirken in der deutschen
Republik, hg. von Karl Anton Schulte, Berlin/Leipzig 1929, S. 75-118.

Vgl. Beate Höfling: Katholische Friedensbewegung zwischen zwei Kriegen. Der „Friedensbund Deutscher
Katholiken" 1917-1933 (Tübinger Beiträge zur Friedensforschung und Friedenserziehung 5), Waldkirch
1979.

Schellinger (wie Anm. 7), S. 430.

Anklageschrift gegen Richard Kuenzer und andere, Institut für Zeitgeschichte München, Fa 117/305.
Zum Gedenken, hg. vom Auswärtigen Amt im Januar 2011 (Memento vom 15. Januar 2012 auf WebCite,
pdf; http://www.gernot-erler.de/cms/front_content.php?idcat=146&idart=1663).

„Das ist doch der reinste Götzendienst, überall, wo man hinkommt, hängen Bilder des Führers, und dann
das Heil Hitler [...]. Mir hängt das zum Halse heraus, ich kann das nicht mehr hören und sehen, am liebsten
risse ich die Bilder von den Wänden " soll er nach Angabe eines NSDAP-Mitglieds gesagt haben, vgl.
Personalakten des Auswärtigen Amtes: Personalakten Richard Kuenzer, Bd. IV.

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