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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2019/0093
speak freely, vent their disgust and despair, receive Information, and take counsel.30 Kuenzer
galt als der eigentliche Kopf der Zusammenkünfte des Solf-Kreises.31 Lagi Ballestrem, von Anfang
an entschiedene und selbst aktive Gegnerin des Nationalsozialismus, war später gleichzeitig
mit Kuenzer in Ravensbrück inhaftiert. Der Solf-Kreis beschränkte sich in seinem Handeln
weitgehend auf „hitlerfeindliche Betrachtungen". Vorträge, Denkschriften oder Pläne für die
Zeit nach dem Umsturz blieben die Ausnahme.32 Schriftliche Äußerungen stellten jedoch immer
ein Gefahrenrisiko dar, weil sie zum Beweismittel werden konnten.33 Kuenzer selbst verfasste
noch während seiner Haftzeit ein für die Zeit nach dem Ende des NS-Regimes gedachtes Manifest
, in dem er Hitler jegliche Fähigkeit als Staatsmann abspricht.34

Nach dem Attentat auf Hitler 1944 brachte man Kuenzer auch mit den Kreisen des „20. Juli"
in Verbindung. Seine Frau Gerda wurde daraufhin im August 1944 in Potsdam in Sippenhaft
genommen. Kuenzer ließ sich von alldem nicht beugen.

Am 12. Januar 1944 wurde der Solf-Kreis durch die Gestapo zerschlagen, nachdem ein Teil
seiner Mitglieder bereits am 10. September 1943 bei einer Teegesellschaft verhaftet worden war,
zu der sich ein Gestapo-Spitzel eingeschlichen hatte. Dieser trat unter dem Namen Dr. Reckzeh
als Arzt der Charite auf.35 Von den Mitgliedern des Solf-Kreises überlebten Johanna Solf, Lagi
Ballestrem-Solf, Legationsrat Dr. Hilger van Scherpenberg und Elisabeth Zarden. Die anderen
wurden hingerichtet oder von der SS ermordet, einfach weil sie für die Menschlichkeit eingetreten
waren?6

Am 15. November 1944 erhob das Regime Anklage gegen Johanna Solf und fünf weitere
Mitglieder, darunter Richard Kuenzer. Planung eines gewaltsamen Umsturzes, Bildung einer
neuen Reichsregierung, Erörterung eines vorzeitigen Kriegsendes und eines Friedensschlusses
ohne einen deutschen Sieg, lauten die Vorwürfe der Anklage.

Kuenzer wurde am 5. Juli 1943 verhaftet.37 Sein Name war der SS zur Kenntnis gelangt,
weil Angehörige des Solf-Kreises als Kandidaten für eine neue Reichsregierung im Gespräch
waren, wie aus Verhören bekannt wurde. Die Kontakte zum Solf-Kreis belasteten Kuenzer in

30 Ebd., S. 133.

31 Vgl. Hugo Stehkämper: Protest, Opposition und Widerstand im Kreis der (untergegangenen) Zentrumspartei
. Ein Überblick, Teil II: Widerstand, in: Der Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Die
Deutsche Gesellschaft und der Widerstand gegen Hitler, hg. von Jürgen Schmädeke und Peter Steinbach,
München 1986, S. 888-916, hier S. 893f. und 912, Anm. 33.

32 Ebd., S. 893; Hermann Graml: „Solf-Kreis", in: Lexikon des deutschen Widerstandes, hg. von Wolfgang
Benz und Walter H. Pehle, Frankfurt 1994, S. 298-300. Uber den Freiburger Diözesanpriester Dr. Max
Josef Metzger wurde ein Manifest an den Erzbischof von Uppsala gerichtet, in dem in getarnter Form
die Grundlagen einer demokratischen Staatsordnung für ein Nachkriegsdeutschland aufgezeichnet waren
, vgl. Marianne Möhring: Täter des Wortes. Max Josef Metzger - Leben und Wirken, Freising 1966;
Klaus Drobisch: Wider den Krieg. Dokumentarbericht über Leben und Sterben des katholischen Geistlichen
Dr. Max Josef Metzger, Berlin 1970.

33 Vgl.: Widerstand als „Hochverrat" 1933-1945, Erschließungsband, hg. vom Institut für Zeitgeschichte,
bearb. von Jürgen Zarusky, München 1998, S. 1.

34 Schellinger (wie Anm. 7), S. 434: Das betreffende Dokument gilt leider als verloren.

35 Ballestrem-Solf (wie Anm. 28), S. 135. Sie berichtet, dass die Gruppe schon bald nach der Tea-Party, im
September 1943, von Graf von Moltke gewarnt wurde, dass Dr. Reckzeh ein Gestapo-Spitzel sei.

36 Peter Hoffmann: Widerstand, Staatsstreich, Attentat. Der Kampf der Opposition gegen Hitler, München
31979, S. 51; Ballestrem-Solf (wie Anm. 28), S. 135-149; Rudolf Pechel: Deutscher Widerstand, Zürich
1947, S. 88-93.

37 Vgl. Brief von Richard Kuenzer an seine Frau Gerda vom 27.07.1943; am Tag der Verhaftung war er in
Werder an der Havel.

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