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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2019/0108
über Unbekannten zu unterlassen." Nicht so Richard Kuenzer. Mit dem Mittel, jede Alltagsäußerung
, die auch nur entfernt als regimekritisch gedeutet werden konnte, unter Strafe zu stellen,
zielte das Heimtücke-Gesetz darauf ab, „die vom nationalsozialistischen Regime verordneten
Werte und ,Wahrheiten' zu schützen. Dieses Gesetz bildete dabei das wichtigste Instrument zur
Unterdrückung der freien Rede. Der „Erfolg" beruhte zu einem wesentlichen Teil auf der großen
Zahl von Menschen, die bereit waren, ihre Mitmenschen zu denunzieren.106

Widerstand aus christlichem Geist

Der Anteil gläubiger Christen unter den Angehörigen des aktiven Widerstands war hoch.107
Der Widerspruch gegen den Nationalsozialismus ist im Christentum von vornherein angelegt.
Gleichwohl war es nicht die Kirche als solche, die die Aufgabe des Widerstands übernahm.
„Eine derartige Entscheidung konnte nicht schlüssig und für jedermann verbindlich aus dem
Katalog kirchlicher Normen abgeleitet werden", schreibt der Historiker Hürten in seiner Betrachtung
, in der er sich der Frage nach dem Verhalten der Kirche in der NS-Zeit aus der Perspektive
des Christen nähert. Der Entschluss zum Widerstand musste von dem einzelnen aus seiner
christlichen Überzeugung heraus getroffen werden: „Wer sich also zu aktivem Widerstand
entschloß, tat dies somit aufgrund einsamer Gewissensentscheidung, ohne dafür Deckung durch
die kirchliche Obrigkeit in Anspruch nehmen zu können".108 Peter Graf Yorck von Wartenburg,
evangelischer Christ, hat diesen Grund zum Widerstand gegenüber Roland Freisler, dem Vorsitzenden
des Volksgerichtshofs, so begründet: Das Wesentliche ist [...] der Totalitätsanspruch
des Staates gegenüber dem Staatsbürger unter Ausschaltung seiner religiösen und sittlichen
Verpflichtungen Gott gegenüber}m

Zur Beurteilung des widerständigen Verhaltens von Christen erweist sich die Kategorie des
Widerstands deshalb als nicht hinreichend. Neben die Verteidigung moralischer Prinzipien und
gesellschaftlicher Grundwerte trat das Bewusstsein, Zeugnis für Christus abzugeben, notfalls
durch den Einsatz des eigenen Lebens.110 Der kirchliche Widerstand ist deshalb auch als „Zeugnis
" zu verstehen. Zwar ist das Aufbegehren gegen einen unrechtmäßig handelnden Staat in
der kirchlichen Tradition vorgegeben, aber dieser Begriff geht darüber noch hinaus. Es ist
ein „offenes Bekenntnis zu Christus und geduldige Hinnahme der um seinetwillen erlittenen
Schmach".111

Das Verhältnis zwischen katholischer Kirche und NS-Staat war zunächst durch das Konkordat
vom 20. Juli 1933 zwischen dem Heiligen Stuhl und dem NS-Staat rechtlich geregelt. Das
Konkordat konnte allerdings nicht verhindern, dass die Bedrohung nicht geringer, sondern von
Jahr zu Jahr immer größer wurde. In der Kirche blieb zunächst der sozialen Form nach ein nicht
angepasstes Milieu erhalten.112 Es lässt sich deshalb, wenn man Widerstand nicht nur als politische
Kategorie betrachtet und die Kirche als politisch-gesellschaftliche Größe,113 festhalten:

106
107

Dörner (wie Anm. 100), S. 313.

Hürten (wie Anm. 82), S. 91; Zeugen für Christus. Das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts
Bd. I, hg. v. Helmut Moll im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz, Paderborn u.a. 1994, S. XL.
Hürten (wie Anm. 82), S. 91.
109 Eugen Budde/Peter Lütsches: Der 20. Juli. Düsseldorf 1952. S. 56.

108

110

Hürten (wie Anm. 82), S. 94.
111 A.a.O.

Hürten (wie Anm. 82), S. 80.
113 Ebd.. S. 78.

112

108


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