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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2019/0118
Argumentationshilfe aus dem BGB

Am 17. Oktober 1917 gab die Stadtverwaltung erstmals diese Zahlungsmittel aus. Gegenüber
der Reichsbank fühlte man sich im Recht, da es sich nicht um die Ausgabe von Ersatzgeld oder
Ersatz scheinen handelt. Auf ihnen finde sich ja nur die Bezeichnung „Gutschein" - und man
berief sich auf § 807 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, nach dem Notzahlungsmittel zu ihrer Gültigkeit
keiner staatlichen oder sonstigen Genehmigung bedürften. Auch im Hinblick auf eine
(noch) nicht hinterlegte Sicherheit zeigte sich die Stadtverwaltung selbstbewusst: Ebenso dürfte
die Fähigkeit der Stadtgemeinde, die ausgegebenen Scheine wieder einzulösen, auch ohne Hinterlegung
des Betrages wohl außer Zweifel stehen. Doch die Reichsbank rückte nicht von ihrer
Position ab und forderte die Stadtverwaltung ultimativ auf, die Scheine postwendend wieder
einzuziehen - um schon im gleichen Atemzug wieder einzuknicken: Sollte ein dringendes Bedürfnis
für die Ausgabe von Notgeld vorliegen und die Ausgabe daher ausnahmsweise geduldet
werden, stellen wir anheim, die Genehmigung zur Ausgabe nachträglich zu erteilen.

All das beeindruckte die Freiburger wenig. Schließlich hatten auch andere Gemeinden wie
Heidelberg oder Pforzheim ohne Genehmigung so gehandelt bzw. diese erst nachträglich eingeholt
. Gegenüber dem Badischen Ministerium des Innern beharrte man noch am 10. April
1918 auf seinem Standpunkt, dass es sich hier keineswegs um Geld im Sinne eines gesetzlichen
Zahlungsmittels handele, sondern um „kleine Inhaberpapiere", was ja schon an der einfachen
Gestaltung zu erkennen sei. Am 21. April 1918 lenkte denn auch das Ministerium ein und genehmigte
die Freiburger Notgeldausgabe nachträglich. Vor Ort bewirkten die Gutscheine die
ersehnte Erleichterung. Zwei Monate nach der Ausgabe stellte die Handelskammer Freiburg
zufrieden fest, dass die zermürbende Jagd nach den letzten Nickelmünzen im Handel endlich
vorüber sei.

Bei Betrachtung des Gutscheins erscheint die Auffassung der Stadt nachvollziehbar. Er entbehrt
aller Kriterien, die „richtiges" Geld ausmachten, angefangen von der unbedruckten Rückseite
bis hin zum Miniatur-Format (8,8 x 5,5 cm). Auch finden sich auf ihm weder ein exaktes
Ausgabedatum noch eine Einlösungsfrist. Er hat keine Seriennummer und kein Amtssiegel; als
einziges Autorisierungsmerkmal findet sich die Unterschrift des „Stadtrats" - in Wahrheit des
Oberbürgermeisters - Emil Thoma. Immerhin gibt es mit einem als Karomuster ausgeführten
Wasserzeichen eins der üblichen Sicherheitsmerkmale. Gestaltet worden war der Schein vom
Grafiker Josef Schroeder-Schoenenberg (1896-1948), der durch seine im Waldkircher Rathaus
angebrachten NS-Wandbilder zu einer zweifelhaften Bekanntheit gekommen ist. Als Schmuckmotiv
wählte er „neben dem Stadtwappen den Rappenkopf, der bis ins 18. Jahrhundert von der
Freiburger Münzstätte verwendet worden war."12

Freiburger Großnotgeld von 1918/19

Kaum ein Jahr später hatte sich die harte Haltung der Reichsbankstelle gegenüber den Städten
radikal verändert. Schon am 4. Oktober 1918 räumte sie kleinlaut ein, dass sie sich völlig von
allen Zahlungsmitteln entblößt sehe und es sehr lebhaft begrüßen würde, wenn die Stadt Freiburg
der Anregung Notgeld auszugeben, nachkommen würde. [...] Am meisten benötigt sind
Abschnitte in der Größe von 5, 10 und 20 Mark. Zur Erschwerung von Fälschungen schlage
man aufgedruckte Nummerierung vor und bitte unverzüglich an die Herstellung zu gehen ohne
sich durch die noch nicht erfolgte Genehmigung der Landesregierung irritieren zu lassen. Die

Peter Kalchthaler: Pfennige und Milliarden, in: Badische Zeitung vom 4. Januar 2019, S. 22.

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