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tiv der B-Seite figurierte mit dem „Heiligen Georg im Panzerhemd" der Stadtpatron vor der historischen
Stadtsilhouette. Erstmals stand auf einem Freiburger Geldschein auch der Strafsatz:
Wer Papiergeld nachmacht oder verfälscht oder verfälschtes sich verschafft und in Verkehr
bringt, wird mit Zuchthaus nicht unter zwei Jahren bestraft. Eine Ablauffrist nannte der Schein
nicht, sondern verwies auf die hierüber zu erlassende „besonderen Bekanntmachung".
Vonseiten der Reichsbank lag zunächst nur die Erlaubnis vor, Scheine im Gesamtnennwert
von 50 Millionen Mark auszugeben - eine Summe, die schon zwei Tage nach der Ausgabe nicht
mehr ausreichte und kurzerhand auf das Doppelte erhöht werden musste. Dass die vermeintlich
hohe Wertstufe „500 Mark" inzwischen nur noch Kleingeldkaufkraft hatte, offenbart ein
Schreiben der Städtischen Sparkasse vom 26. September 1922, in welchem über tägliche Abhebungen
von 300-400.000 Mark Klage geführt wurde: Wir erhalten seit einigen Tagen von der
Reichsbank keine Scheine unter 10.000 M. Die kleineren Geldsorten zu 1.000, 500 und 100 M.
verschaffen wir uns durch Umwechseln in hiesigen Geschäften. Dadurch, dass wir jeden Tag
2-3 Beamte zum Geldwechsel unterwegs haben, geht uns viel Arbeitskraft verloren. Der täglich
wachsenden Zahlungsmittelnot bei den größeren Betrieben jedoch konnte der 500-Mark-Schein
nichts entgegensetzen. Um ihre Arbeiter entlohnen zu können, beantragte allein die Freiburger
Firma MEZ im Oktober 1922 10.000.000 Mark.
Wie sich die deutsche Inflation dagegen bei jenen anfühlte, die über „gutes Geld", also
Fremdwährung verfügten, vermittelt ein Text Ernest Hemingways vom 19. September 1922
im Toronto Daily Star: Bei einem Aufenthalt in Straßburg machten meine Frau und ich einen
Abstecher ins gegenüberliegende deutsche Kehl. [...] Für zehn frz. Franken, das sind ungefähr
90 Cents in kanad. Geld, bekam ich 670 Mark. Diese 90 Cents reichten uns einen ganzen Tag,
an dem wir viel ausgaben und uns noch mehr als 100 Mark übrigblieben. In Kehls bestem Hotel
servierte man uns ein Tagesmenü mit 5 Gängen für 120 Mark, das sind 15 Cents.22 Auch wenn
dieser Reisebericht kaum Anspruch auf Allgemeingültigkeit erheben kann, so verdeutlicht er,
dass die deutsche Wirtschaft im Herbst 1922 ins Stadium ihrer Zersetzung getreten war.
Außer Kontrolle: Hoch- und Hyperinflation 1923
Gute vier Monate nach seiner Ausgabe sollte der enorme Aufwand, den man sich mit der Gestaltung
des 500 Mark Scheins gegeben hatte, vergeblich gewesen sein, da inzwischen mindestens
zehnmal so hohe Nominalbeträge benötigt wurden. Dennoch wollte die Stadtverwaltung auch
bei der anstehenden Ausgabe neuer Notgeldscheine nicht auf eine Panoramaansicht als Bildschmuck
verzichten: In der heutigen Sitzung des gemischten beschließenden Ausschusses wurde
angeregt, künftig bei der Anfertigung neuer Entwürfe von Notgeldscheinen mehr die landschaftliche
Lage, insbesondere den großen Berghintergrund der Stadt zu berücksichtigen. Inzwischen
stand das Projekt eines 5.000 Mark Scheins im Gesamtbetrage von 250.000.000 Mark an:
Um dem Mangel an Zahlungsmitteln abzuhelfen, gibt die Stadt Freiburg mit Genehmigung des
Reichsfinanzministeriums Notgeldscheine zu 5.000 Mark mit unbestimmter Lauffrist heraus.
Die Auf rufung zur Einlösung wird in den hiesigen Tageszeitungen erfolgen. Ein Zeitungsbericht
vom 8. März 1923 erklärte das Motiv (vgl. Abb. 7). Es zeige eine „Ansicht des mittelalterlichen
Freiburgs von Süden aus. Im Vordergrunde die Schneckenvorstadt mit der Kirche der Wilhelmi-
ten von Oberried und Schneckentor. Dahinter die eigentliche Altstadt umgeben von Stadtmauer,
hinten rechts Augustinerkloster, in der Mitte das Martinstor, das Grünlingstor [= Grienlinstor]
Zitiert nach Quester (wie Anm. 5), S. 15.
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