http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2019/0137
Das, was fortan als zeitgenössische deutsche Kunst auf den Plan treten sollte, war als Kontrastprogramm
zeitgleich im eigens hierfür gebauten Haus der Deutschen Kunst in München
unter dem Titel „Große Deutsche Kunstausstellung" zu sehen.
Natürlich waren hier auch Werke von Adolf Ziegler ausgestellt. Beliebt waren symbolische
und allegorische Darstellungen, Männer- und Frauenakte mit Titeln wie „Edles Blut" oder
„Mädchentum" und Szenen aus dem bäuerlichen Leben. Da diese Ausstellung insgesamt achtmal
von 1937 bis 1944 in München stattfand, zeigt sie sehr deutlich, welche Art von Kunst
fortan repräsentativ war. So gewann mit Kriegsbeginn eine systemstabilisierende, Soldatentum
und Heldentod verherrlichende Kriegs- und Schlachtenmalerei an Bedeutung. Hier zeigt sich,
dass das nationalsozialistische Kunstbild weder auf Expertise noch auf Wahrhaftigkeit beruhte.
Es war einzig und alleine ein Produkt ideologischer Propaganda. Die so erfindungsreiche wie
vielfältige Kunst der 1920er-Jahre wurde damit durch eine mittelmäßige, angepasste und propagandistische
Malerei abgelöst. Viele Künstler wanderten aus oder zogen sich in die innere
Emigration zurück.
Die Situation in Freiburg
Im August 1937 erhielt auch Werner Noack (1888-1969), der das Freiburger Augustinermuseum
von 1922 bis 1953 leitete, ein Schreiben der Badischen Landesstelle des Reichsministeriums
für Volksaufklärung und Propaganda mit der Aufforderung, alle Kunstwerke zu melden,
die als sogenannte „entartete Kunst" einzustufen wären. Zudem erhielt Noack von dem Freiburger
Oberbürgermeister Franz Kerber die Aufforderung, im Wentzingerhaus entsprechende
Kunstwerke abzuhängen und gegen andere Objekte auszutauschen. Bei der eigentlichen Be-
schlagnahmungsaktion war Noack auf Dienstreise und wurde durch seinen Assistenten Ernst
Friedrich Mayer-Kym vertreten. Am 16. September 1937 erschienen Hellmut Sachs als Vertreter
der Reichskunstkammer sowie der Maler und Restaurator Werner Holl im Museum, um die
Beschlagnahmungen vorzunehmen. In Holls Fall war diese mit einem persönlichen Rachefeldzug
gekoppelt, denn der 1898 in Freiburg geborene Holl war kurz zuvor als Hilfsrestaurator am
Augustinermuseum entlassen worden. Ihn - mittlerweile SA-Scharführer - leiteten also persönliche
Interessen, da er seine eigenen Werke im Museum platzieren wollte.4
In Freiburg wurden von 34 Künstlern insgesamt 19 Gemälde und 211 Grafiken sowie eine
Skulptur von Eva Eisenlohr beschlagnahmt und am 12. Oktober an die Reichskammer in Berlin
gesandt. Darunter befanden sich auch drei Gemälde, zwei Aquarelle und 91 Holzschnitte von
Emil Bizer („Rotes Haus in Säckingen", „Selbstbildnis", „Großer Rebberg"). An den von ihm
im Museum vertretenen Werken lässt sich sehr gut erkennen, dass die Beschlagnahmungsakti-
on kein einheitliches und klares Profil erkennen lässt: Denn während sein Bild „Rotes Haus in
Säckingen" (Abb. 1), beschlagnahmt wurde, verblieb sein „Bahnübergang im Schnee" (Abb. 2)
von 1929 in der Sammlung.
Tilmann von Stockhausen: Das Augustinermuseum im Nationalsozialismus, in: Freiburg im Nationalsozialismus
, hg. von Peter Kalchthaler und Tilmann von Stockhausen (Schriftenreihe der Badischen
Heimat 12), Freiburg 2017, S. 159-174, hier S. 169.
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