http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2019/0142
im „Schwarzwälder Tageblatt" erschienen Schmähkritiken „Kampf um die Badische Kunst"
von Hermann Leitz und „Badische Kunst in Freiburg" von Fritz Wilkendorf machten die zuvor
von der Presse sehr positiv aufgenommene Ausstellung zum Politikum. Leitz bewertete die
Ausstellung der „Badischen Secession" - und zwar ganz im Jargon von Alfred Rosenberg - als
den Versuch, eine längst überfällige, unter jüdisch-bolschewistischen Einflüssen entstandene
Kunstrichtung zu erhalten, die man durch die nationalsozialistische Revolution als völlig überwunden
geglaubt habe. Riedlin antwortete, dass Qualität nicht im Anhängen äußerer nationaler
Merkmale zu finden sei und verwies auf die mangelnde Fähigkeiten der von der Reichskammer
der Bildenden Künste geförderten Künstler in der Sparte der dekorativen Wandmalerei. Wenige
Monate später beteiligte er sich an einem von der Stadt Freiburg ausgeschriebenen Wettbewerb
und gewann mit seinem Entwurf für das 2,40 auf 9,20 Meter große Fresko im Aufenthaltsraum
des Städtischen Gaswerks den ersten Preis. Im Zuge dieses Auftrages zog der Künstler von
Laufen nach Freiburg. Zweifellos verfügte Riedlin über eine große Fertigkeit und Erfahrung
auf dem Gebiet der Monumentalmalerei, definitiv passte er sich in diesem Falle aber auch der
nationalsozialistischen Erwartungshaltung an. Das Wandbild zeigt eine Arbeiterkolonne, ihr
Anführer trifft im rechten Bilddrittel auf zwei arbeitslose Männer, die er mit dem Hitlergruß
grüßt, der ältere, sitzende Mann erwidert die Geste.12
Nach der Besichtigung des Gauleiters und Reichsstatthalters Robert Wagner wurde die
Gestaltung im April 1937 der Öffentlichkeit übergeben. Der bereits im Zuge der Beschlag-
nahmungsaktionen genannte Werner Holl lobte das Bild im Kampf blatt „Der Alemannen" der
Nationalsozialisten Oberbadens vom 11. April 1937 als Kunstwerk völkischer Selbstbestimmung
und Walther Reimer schrieb in der Sonntagsbeilage der „Freiburger Zeitung" vom 10./II. April
1937, dass das Werk vom Kunstwollen des Dritten Reiches nach Inhalt und Darstellung eine
höchst beredte Sprache redet [sie!].
Der Erfolg des Freskos verhinderte nicht, dass nur ein halbes Jahr später mehrere Bilder des
Künstlers von der Beschlagnahmung sogenannter „entarteter Kunst" betroffen waren. Aus dem
Augustinermuseum entfernt wurden seine Ölbilder „Schneelandschaft" und „Markgräflerin"
sowie die Aquarelle „Heimkehrende Holzhauer" und „Gebirgspatrouille". Mit einem zweiten
Transport wurde am 11. November 1937 sein Ölgemälde „Muggardt", das von den Städtischen
Sammlungen erst zwei Jahre zuvor aus der Ausstellung 1935 heraus erworben worden war, nach
Berlin geschickt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte Riedlin aus der Gefangenschaft nach Freiburg zurück.
Die Entnazifizierung seines Freskos im Städtischen Gaswerk nahm er selbst um 1948 vor. Seinen
Lebensunterhalt bestritt Riedlin in der Nachkriegszeit zu einem bedeutenden Teil mit öffentlichen
Aufträgen. 1969 verstarb der Künstler in Freiburg.13
Abbildungen des Freskos in der ursprünglichen und überarbeiteten Fassung sind abgedruckt in: Ute
Scherb: Freiburg im Nationalsozialismus: Eine Stadt gibt sich ein braunes Gesicht, in: Schau-ins-Land
127 (2008), S. 113-143, hier S. 128, Abb. 17 und 18, sowie Antje Lechleiter: Zwischen Ausgrenzung und
Anpassung - Der Künstler Adolf Riedlin, in: Nationalsozialismus in Freiburg, Begleitbuch zur Ausstellung
des Augustinermuseums in Kooperation mit dem Stadtarchiv, hg. von Peter Kalchthaler, Robert
Neisen und Tilmann von Stockhausen, Petersberg 2016, S. 140f.
Lechleiter (wie Anm. 12), S. 140f.
142
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2019/0142