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Gustav Ehrismann
Gustav Karl Friedrich Ehrismann wurde am 18. Mai 1894 in Pforzheim geboren.26 Er stammte
aus einem großbürgerlichen evangelischen Haus. Sein Vater - ebenfalls Gustav Ehrismann
(1855-1941) - kam aus einer Fabrikantenfamilie und lebte damals als Privatgelehrter. Später
wurde er ein bekannter Germanistik-Professor in Heidelberg und - von 1909 bis 1924 - in
Greifswald, der sich vor allem durch seine vierbändige „Geschichte der deutschen Literatur bis
zum Ausgang des Mittelalters" einen Namen machte. Sein Ziel war „denkendes Erkennen". Mit
seinen Forschungen wollte er die „höfische Ethik" ins Bewusstsein rufen. 1892 hatte er sich mit
Emma Pregitzer verheiratet.27 Ihre beiden Söhne Gustav und Karl Otfrid Ehrismann, geboren
am 22. April 1898 in Heidelberg, wurden Ärzte.28 Gustav besuchte das Humanistische Gymnasium
und begann gleich nach seiner Abgangsprüfung 1915 mit dem Studium der Medizin,
hauptsächlich in Greifswald. 1920 legte er dort das Staatsexamen mit der Gesamtnote gut ab
und erhielt 1922 die Approbation zum Arzt. Im gleichen Jahr wurde er auch zum Doktor der
Medizin ernannt. In seiner Dissertation beschäftigte er sich mit Beziehungen zwischen Menstruation
und epileptischem Anfall.
Ehrismanns besondere Neigung zur Psychiatrie - so in seinem Lebenslauf von 1928 - bestimmte
seine weitere berufliche Laufbahn. Nach verschiedenen Zwischenstufen trat er am 1.
Januar 1929 in den Badischen Anstaltsdienst. Bis Ende 1938 war er an der Badischen Heil- und
Pflegeanstalt Reichenau bei Konstanz tätig. Dort wurde er am 1. Dezember 1934 zum „Medizinalrat
als Anstaltsarzt" befördert. Kurz zuvor, am 19. Mai 1934, hatte er Luzia Schott geheiratet
, die am 21. Mai 1907 geborene katholische Tochter eines Eisenbahn-Rechnungsrevisors
in Münster. Kennengelernt hatte er sie in der Reichenauer Anstalt, wo sie als technische Assistentin
arbeitete. Zum 1. Januar 1939 wurde Gustav Ehrismann an die Heil- und Pflegeanstalt
Emmendingen versetzt und dort 1940 zum Anstaltsoberarzt sowie zum Beamten auf Lebenszeit
ernannt. Das Ehepaar wohnte auch auf dem Gelände der Heilanstalt (Abb. 4).29 Zum 1. Mai
1942 wechselte Gustav Ehrismann an die Heil- und Pflegeanstalt Wiesloch. Daneben wirkte er
gleichzeitig aushilfsweise vom 18. Januar bis 20. September 1943 am Gesundheitsamt Heidel-
Soweit nicht anders angegeben, stammen die folgenden Angaben aus Ehrismanns Personalakten: GLA,
233 Nr. 24476 (Personalakte Badisches Staatsministerium), 463 Zugang 1983-60 Nr. 489 (Dienstakten
Heil- und Pflegeanstalt Wiesloch), 465 Nr. 4609 (Spruchkammerakten Wiesloch), 466-2 Nr. 2067-2069
(Personalakten Regierungspräsidium Karlsruhe).
Hugo Steger: Ehrismann, Gustav, in: Badische Biographien N.F. Bd. IV, hg. von Bernd Ottnad, Stuttgart
1996, S. 70-72; Red. mit Unterstützung von Otfrid Ehrismann: Ehrismann, Gustav Adolph, in:
Internationales Germanistenlexikon 1800-1950, hg. von Christoph König, bearb. von Birgit Wägenbaur
u.a., Berlin/New York 2003, S. 418-420; Otfrid Ehrismann: Die Stille der Provinz. Gustav Ehrismann
- Germanist in Greifswald (1909-1924), in: Mediävistische Literaturgeschichtsschreibung. Gustav Ehrismann
zum Gedächtnis (Symposium Greifswald, 18.09. bis 23.09.1991), hg. von Rolf Bräuer und Otfrid
Ehrismann, Göppingen 1992, S. 17-50, Zitate S. 18 und 23.
Mitteilung des Stadtarchivs Heidelberg, 17.01.2017. Ich danke Diana Weber sehr für die Recherche. Karl
Otfrid Ehrismann erhielt 1942 eine Professur und war von 1941 bis 1945 als Arzt in der Sowjetunion,
speziell in der Ukraine eingesetzt. An Kriegsfolgen starb er im November 1945. Sein 1941 geborener
Sohn Otfrid, zuletzt Germanistik-Professor in Gießen, hat ihn nicht mehr kennengelernt. Ihm verdanke
ich diese Informationen (E-Mail vom 20.01.2019).
Kreisarchiv Emmendingen, Einwohnermeldekarte Emmendingen, 01.01.1939-19.05.1942. Ich danke Gerhard
A. Auer für die Recherche und Übermittlung sowie für weitere Hinweise. Zur Ernennung als Anstaltsoberarzt
und Beamten auf Lebenszeit vgl. GLA, 233 Nr. 24476.
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