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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2019/0168
bei seiner Anhörung am 21. Dezember 1949 und ausführlich schriftlich am 14. Januar 1950.67
Obwohl Luzia Ehrismann68 Anfang Januar 1950 alle Vorwürfe bestritt, waren ihre Aussagen
über ihre Beziehungen zu Irmgard Hefter nicht völlig überzeugend. Die Herkunft des Giftes
konnte übrigens nie aufgeklärt werden.

Zu dieser Zeit wurde seitens des Landesbezirkspräsidenten erwogen, Gustav Ehrismann in
der Außenfürsorge ehemaliger Anstaltsinsassen zu verwenden, an eine andere Heil- und Pflegeanstalt
oder an das Gesundheitsamt Heidelberg zu versetzen. Der dortige Betriebsrat widersprach
jedoch am 31. Januar 1950 heftig. Nicht zuletzt machte er geltend, dass der Selbstmord
einer Hausangestellten von Dr. Ehrismann - es wird sogar von einer möglichen zweiten gesprochen
- in der Presse aufgegriffen worden sei.69 Dieser sei deshalb als Psychiater in Prozessen
angreifbar. Außerdem dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass hier jemand versetzt werde, weil
er an der Anstalt nicht mehr tragbar sei. Auch eine Versetzung an eine andere Anstalt erwies
sich als nicht durchführbar.

Parallel zu den internen Erhebungen führte der Oberstaatsanwalt beim Landgericht Heidelberg
ein Ermittlungsverfahren gegen Dr. Ehrismann wegen der ersetzten Krankengeschichte
und zusätzlich wegen des Verdachts auf einen ärztlichen Kunstfehler bei der Behandlung von
Irmgard Hefter durch. Durch Aussagen des zur Begutachtung beigezogenen Prosektors der Anstalt
, Prof. Dr. Walter Neugebauer, und gerichtsmedizinische Untersuchungen erhärtete sich
der Verdacht, dass Dr. Ehrismann Frau Hefter nicht richtig behandelt hatte; in der damaligen
Situation sei es aber auch schwierig gewesen. Er bestritt dies. Im Übrigen sei ihm nicht bekannt
gewesen, dass man im Falle eines Selbstmordes, solange die Untersuchung andauere, keine Unterlagen
vernichten dürfe. Diese Haltung wurde von einem Gutachter, Prof. Dr. Kurt Schneider
von der Psychiatrischen und Neurologischen Klinik der Universität Heidelberg, am 31. März
1950 als unfasslich und unbegreiflich bewertet. Im Fall einer - sogar polizeilichen - Aufklärung
könne die Krankengeschichte höchstens ergänzt, aber keinesfalls vernichtet und durch eine neue
ersetzt werden. Man könne Dr. Ehrismann bestenfalls zugutehalten, dass er sich gescheut habe,
einen kümmerlichen Bericht vorzulegen. Eine ähnliche Meinung hatte bereits am 4. März 1950
der Gutachter Prof. Dr. Berthold Mueller vom Institut für gerichtliche Medizin der Universität
Heidelberg vertreten: Dr. Ehrismann hätte zumindest die alte Fassung beifügen müssen.

Trotz aller Widersprüche und Verdachtsmomente stellte die Oberstaatsanwaltschaft am 23.
Mai 1950 das Verfahren gegen Dr. Ehrismann ein. Ein strafrechtlich erhebliches Verschulden
sei nicht nachweisbar.70 Anstaltsdirektor Kranz wollte sich damit aber nicht zufrieden geben
und auf jeden Fall Ehrismann als seinen derzeitigen Stellvertreter ersetzen, da es zu ständigen
Unzuträglichkeiten komme, die sich aus der Unzulänglichkeit des Dr. Ehrismann ergeben.
Außerdem strebte er dessen Zurruhesetzung an, der in seiner Absonderlichkeit kaum noch als
voll dienstfähig bezeichnet werden könne. Darüber hinaus wurde ein Verweis in Aussicht ge-

Bis hierhin ergibt sich meine Darstellung aus: GLA, 466-2 Nr. 2069. Im Folgenden habe ich auch herangezogen
: GLA, 466-2 Nr. 2067.

Im Polizeiprotokoll vom 02.01.1950 wird sie „Luise" geschrieben (GLA, 466-2 Nr. 2067 Bl. 59; in der

anderen Akte ohne Paginierung). Im Berlin Document Center (BDC) liegen zu Luzia Ehrismann keine
Nachweise zur NSDAP vor (Auskunft Nicolai M. Zimmermann, Bundesarchiv, E-Mail vom 18.01.2019).

Zum Tod einer zweiten Patientin, Wilhelmine Müller, vgl. GLA, 466-2 Nr. 2067 Bl. 71. Die Oberstaatsanwaltschaft
sah keinen Zusammenhang mit dem Tod von Irmgard Hefter. Offenbar wurde in die Untersuchungen
gegen Dr. Ehrismann auch Krankenakten der Patientin Klara Schmidt geb. Hanagarth einbezogen
(GLA, 466-2 Nr. 2067 Bl. 75, 87). Näheres geht aus den Akten nicht hervor.

GLA, 466-2 Nr. 2067 Bl. 69-72 (ebenfalls in Nr. 2069).

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