Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2019/0169
nommen.71 Ende Juli sprach ihn der Landesbezirkspräsident auch aus, weil der Beschuldigte
nicht zur Beseitigung und Vernichtung der alten Krankengeschichte befugt gewesen sei. Der
Anstaltsdirektor wurde angewiesen, Vorschläge für Nachfolger von Dr. Ehrismann als Stellvertreter
des Direktors und Oberarzt der Frauenabteilung zu machen. Die Zustellung der Strafverfügung
und die weiteren Maßnahmen wurden jedoch auf Bitten von Ehrismanns Rechtsanwalt
zurückgestellt.72

Inzwischen war es nämlich zu einer überraschenden Wendung gekommen. Am 12. August
1950 meldete ein Arzt der Wieslocher Anstalt dem Direktor, es bestehe der dringende Verdacht,
dass Dr. Ehrismann Opiate aus den Anstaltsbeständen für sich entnommen habe. Zugleich habe
er den Inhalt der entsprechenden Fläschchen mit Wasser wieder aufgefüllt, um sein Verhalten
zu vertuschen. Dies habe zu nachteiligen Folgen für Patienten führen können. Nach anfänglichem
Leugnen gab Gustav Ehrismann sein Verhalten zu, bestritt aber, süchtig zu sein. Er
wurde sofort beurlaubt. Prof. Kranz sagte ihm immerhin zu, er wolle sich dafür einsetzen,
dass die Beurlaubung in einen Krankheitsurlaub und dann evtl. in eine Zurruhesetzung wegen
Krankheit übergehen würde.73 Zwei Tage später reichte Ehrismann die entsprechenden Gesuche
ein. Der Landesbezirkspräsident ordnete daraufhin eine amtsärztliche Untersuchung an. Prof.
Kranz unterrichtete das damit beauftragte Heidelberger Gesundheitsamt am 21. August 1950
vertraulich davon, dass Ehrismann seit einiger Zeit im Dienst unverständliche Nachlässigkeiten
und Fehlhandlungen unterlaufen seien. Es sei über eine geradezu peinliche Unbeherrschtheit
geklagt worden, er mache einen abgehetzten und nervös-reizbaren Eindruck. Insgesamt sei er
körperlich und seelisch nicht mehr geeignet, seinen Dienst ordnungsmässig zu versehen.74

Der Amtsarzt beim Gesundheitsamt Heidelberg stellte am 22. September 1950 in der Tat
eine dauernde Dienstunfähigkeit infolge Krankheit fest. Zwar verneinte er eine Drogensucht,
doch die Untersuchung ergab arteriosklerotische Gefäß Schäden, verbunden mit einem Herzmuskelschaden
und Bluthochdruck. Dies habe zu Gedächtnis- und Konzentrationsschwäche
sowie zu einem allgemeinen Rückgang der intellektuellen Leistungen geführt.75 Damit waren
die Voraussetzungen für die vorzeitige Zurruhesetzung erfüllt. Bis zum Inkrafttreten wurde
Gustav Ehrismann wegen Krankheit beurlaubt. Alles nahm nun seinen bürokratischen Verlauf.
Im August 1952 zog das Ehepaar dann nach Ziegelhausen bei Heidelberg um.76

Auch der Oberstaatsanwalt wurde auf Nachfrage am 20. April 1951 vom Ausgang des Verfahrens
informiert - allerdings nicht über die Entnahme der Opiate.77 Das muss verwundern.
Hätten nicht die Feststellung des Gesundheitszustandes von Gustav Ehrismann und seine erneute
Entnahme von Opiaten für eigene Zwecke Anlass für eine Wiederaufnahme der Ermittlungen
gegeben? Wäre es nicht angebracht gewesen, jetzt die Behandlung der Patientin Hefter und auch

71 So ein Vermerk des Präsidenten des Landesbezirks Baden vom 19.06.1959 (GLA, 466-2 Nr. 2067 Bl. 73,
zum Verweis vgl. die folgenden Blätter).

72 GLA, 466-2 Nr. 2067 Bl. 89-92 und 99.

73 GLA, 466-2 Nr. 2067 Bl. 77-80, Zitat Bl. 80. Wiederum ist nicht auszuschließen, dass die Vorwürfe

dazu dienten, Ehrismann als Mitarbeiter loszuwerden (Vermutung von Frank Janzowski, E-Mail vom
14.06.2019). Konkrete Hinweise darauf gibt es nicht. Diese Frage spielt für die Beurteilung von Ehris-
manns Verhalten keine wesentliche Rolle. Auch andere Anstaltsärzte waren im Übrigen drogenabhängig
und gingen deshalb teilweise vorzeitig in den Ruhestand (Hinweis von Frank Janzowski, ebd.).

74 GLA, 466-2 Nr. 2067 Bl. 97f., Zitate Bl. 98.

75 GLA, 466-2 Nr. 2067 Bl. 107-109, Zitat Bl. 109.

76 GLA, 466-2 Nr. 2067 (ohne Paginierung). Dort auch Einzelheiten der Regelungen und Bemühungen um

77

Wiedereinstellung seitens Luzia Ehrismanns.
GLA, 466-2 Nr. 2067 (ohne Paginierung).

169


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2019/0169