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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2019/0183
Bürgermeister enthoben. Ein weiteres Projekt, welches Zirlewagen anging, war der Bau einer
Kanalisation beiderseits der Hauptstraße. Die Vorbereitungen dafür schienen mehr Zeit in Anspruch
genommen zu haben als geplant. Dass die Arbeiten im April 1935 begannen, ließ Zirlewagen
daher stolz im „Alemannen" verkünden.45 Wie schon bei der Anlage des Sportplatzes
und der Errichtung der Turn- und Festhalle, erlebte Zirlewagen auch beim Bau der Kanalisation
das Ende der Arbeiten nicht mehr im Amt. Von den sonstigen Aufgaben Zirlewagens als Bürgermeister
- insbesondere seine auch über die Bürgermeisterzeit hinausgehende Tätigkeit im
Vorstand der Spar- und Kreditbank Heitersheim 1933 bis 1945 - ist wenig bekannt. Uber seine
repräsentativen Pflichten berichteten hin und wieder die lokalen Zeitungen. Wie er seine Aufgaben
als Vorsitzender im Gemeinderat46 und im Bürgerausschuss sowie bei der Dienstaufsicht
über die Beamten und Angestellten der Gemeinde ausführte, ist unbekannt. Zirlewagen selbst
gab im Rahmen seiner Entnazifizierung 1948/49 an, dass er als Bürgermeister nach demokratischen
Grundsätzen gehandelt habe: Keine Massnahme wurde in der Gemeinde durchgeführt,
die ich nicht vom Gemeinderat beraten und genehmigen Hess. Auch mit der katholischen Kirche
habe er in bestem Einvernehmen gestanden. Die Vertretung der Gemeinde nach außen beurteilte
Landrat Karl Vierling vom Badischen Bezirksamt Staufen im April 1935: Zirlewagen ist sehr
energisch, verficht die Interessen seiner Gemeinde auch gegenüber den Behörden mit einer an
Halsstarrigkeit grenzenden Beharrlichkeit, wobei er auf Formen durchaus keinen Wert legt.
Hierdurch ist er da und dort wohl schon unliebsam aufgefallen.41

Das Wirken Gustav Zirlewagens als Bürgermeister wurde bereits von Robert Neisen im
Rahmen eines Beitrags über Heitersheim im Nationalsozialismus beurteilt. Demnach „zeigte
sich Zirlewagen, der seit 1924 Inhaber der 1923 gegründeten Franka AG war und sich dort als
begabter Geschäftsmann und tüchtiger Unternehmer erwies, auch in seinem politischen Amt als
durchaus fähiger Kopf und verdiente sich für die Stadt Heitersheim einige Meriten."48 Basierend
auf Zirlewagens Nachlass sowie auf den Unterlagen des Staatsarchivs Freiburg sieht Neisen
die Vita von Gustav Zirlewagen als stellvertretend für den Typus des badischen NS-Kommunalpolitikers
an: Als südwestdeutscher NSDAP-„Führer der Provinz" wies der Kaufmann und
Fabrikant demnach einen durchaus typischen (Wirtschafts-)bürgerlichen Hintergrund auf.49
Neisen folgt in seiner Charakterisierung dem von Michael Kißener und Joachim Scholtyseck
herausgegebenen Sammelband zu NS-Biographien aus Baden und Württemberg „Die Führer
der Provinz". Zu diesen zählen sie die Ortsgruppenleiter der NSDAP. Somit wäre auch Gustav
Zirlewagen erfasst, der 1932 bis 1935 die NSDAP-Ortsgruppe Heitersheim leitete. Diese „Führer
" der südwestdeutschen „Provinz" waren laut Kißener und Scholtyseck auf dem Land näher
und fassbarer als Adolf Hitler und sein Gefolge in Berlin.50 Gustav Zirlewagen würde sich demzufolge
- wie von Rudolf Lill im Vorwort zum Sammelband skizziert - in den Unterführer-Typ
einreihen, der als Aufsteiger aus dem Mittelstand Parteikarriere machte. Diese waren meist
Frontkämpfer, hatten nach Kriegsende Kampfverbänden und sich dann der völkisch-antisemiti-

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platz, in: ebd. Ausgabe vom 15. März 1935.

Kanalisation, in: Der Alemanne - Kampfblatt der Nationalsozialisten Oberbadens vom 9. April 1935.
Siehe einen Bericht zur Gemeinderatssitzung, in: Der Alemanne - Kampfblatt der Nationalsozialisten
Oberbadens vom 17. August 1933.

StAF, B 741/1, Nr. 3417, 24-25, Notiz Landrat Vierling vom 24. April 1935.
Neisen (wie Anm. 4), S. 146.
Neisen (wie Anm. 19), S. 491-493.

Michael Kissener/Joachim Scholtyseck: Nationalsozialismus in der Provinz. Zur Einführung, in: Die
Führer der Provinz - NS-Biographien aus Baden und Württemberg, hg. von Michael Kissener und
Joachim Scholtyseck (Karlsruher Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus 2), Konstanz 1997,
S. llf.

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