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sehen Bewegung angeschlossen. Aufgrund der neuen Weltanschauung hatten sie ihre früheren
konfessionellen Bindungen gelöst. Außerdem hatten sie in der Weimarer Zeit „für einen angeblich
genuin deutschen, antiparlamentarischen, im Innern und nach außen machtbewußten
Staat plädiert oder gekämpft, den sie dann im ,Dritten Reich4 verwirklicht sahen. Ihm dienten
sie daher überzeugt und mit äußerster Konsequenz; seine inneren Feinde, vor allem Kommunisten
, Sozialisten und Juden, aber auch Anhänger des politischen Katholizismus' suchten sie
zu isolieren oder zu unterdrücken."51 Tatsächlich lassen sich für Zirlewagen einige der biographisch
-ideologische Gemeinsamkeiten erkennen, welche die Unterführer laut Lill vor 1933 verband
. Obwohl bei Zirlewagen kein Anschluss an einen Kampfverband bekannt ist und er sich
auch nicht direkt gegen Juden wandte, überwiegen die Gemeinsamkeiten, sodass es gerechtfertigt
ist, ihn als „Führer der Provinz" zu bezeichnen.

Machtkampf im Kreis: Erley gegen Zirlewagen

Neben Feuerstein als Gegner von Seiten des Zentrums, hatte Zirlewagen mit dem Zahnarzt
Dr. Hans Erley (1900-1942, Abb. 5) einen innerparteilichen Widersacher auf Kreisebene. Erley
zählte als Kreisleiter zu den „kleinen Königen" der NSDAP, deren Macht laut Hubert Roser
im Wesentlichen auf ihrer Funktion als Bindeglied zwischen der regionalen Basis und der
Parteizentrale der NSDAP beruhte.52 Sie standen demnach synonym für den unumschränkten
Parteiwillen vor Ort und standen in Konkurrenz zu den Landräten. Insbesondere achteten die
Kreisleiter weder auf Rechtsvorschriften, noch auf formale Prozeduren. Sie selbst schielten auf
gut dotierte Bürgermeisterposten.53 Ein typischer Vertreter des von Roser skizzierten Kreisleiters
war Erley. 1930 trat er der NSDAP bei, 1931 wurde er zum NSDAP-Kreisleiter von Staufen
ernannt. Dort war er maßgeblich für die Hetz- und Schmutzkampagne gegen seinen jüdischen
Konkurrenten, Zahnarzt Gustav Bloch in Sulzburg, verantwortlich. Im Februar 1933 ließ er ihn
einer Scheinhinrichtung unterziehen und inhaftieren. Bloch durfte nach Ende seiner Haft nicht
mehr praktizieren, Erley übernahm dessen Praxis samt Patientenstamm.54 Obwohl Erley im Mai
1933 bei der Wahl zum Bürgermeister von Staufen unterlag, wurde er vom Badischen Bezirksamt
für die Dauer von zwei Jahren zum kommissarischen Bürgermeister ernannt.

Die Wurzeln des Konflikts lagen, so erläuterte Zirlewagen später, in der Lieferung eines
Radioapparats an Erley im Frühjahr 1932, den dieser erst nach zahllosen Mahnungen und dem
Einschalten der Sparkasse Heitersheim zur Eintreibung im Januar 1935 bezahlte. Erley war laut
Zirlewagen auch dafür bekannt, dass er missliebige Personen gründlich kaltstellt. In einem
Schreiben an Landrat Vierling am 20. April 1935 führte er als Beispiel das Vorgehen Erleys gegen
seinen Konkurrenten Gustav Bloch an. Die Abneigung Erleys gegen Zirlewagen verstärkte
sich, als Erley auf einer Amtswalter-Tagung verkündete, in Staufen ein Kreishaus bauen zu
wollen und die benötigten 15.000 RM auf die einzelnen Gemeinden umlegen wollte. Zirlewagen
versagte den für Heitersheim vorgesehenen Betrag von 1.200 RM. Mit seinem offenen Auftreten
gegen Erley vor einer Gruppe, die dieser vermutlich mehr als Untergebene, denn als Partei-

51 Rudolf Lill: Vorwort, in: ebd., S. 9f.

52 Hubert Roser: NS-Personalpolitik und regionale Verwaltung im Konflikt: Kommunen und Landkreise
in Baden und Württemberg 1933-1939, Diss., Mannheim 1999, S. 112-115.

53 Ebd., S. 178-187.

54 Jüdisches Leben in Sulzburg 1900-1940. Eine Materialsammlung, Sulzburg 2005, S. 75.

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