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lange Zitate tun ihr Übriges. Dies mag bei Quellenauszügen noch vertretbar sein, der Autor zitiert aber
vielfach auch längere Passagen aus der Sekundärliteratur. Ein weitaus konsequenteres Lektorat hätte hier
sicherlich zu einer sinnvollen Straffung des Textes beigetragen.
Trotz dieser Mängel in der Darstellungsweise lässt sich sagen, dass Adalbert Metzinger sein selbst
gestecktes Ziel, gerade auch den alltäglichen, oft wenig beachteten Widerstand gegen den Nationalsozialismus
zu würdigen, erreicht hat. Viele dieser mutigen Menschen mussten ihren Einsatz gegen die
Nationalsozialisten mit dem Leben bezahlen. Der Gaggenauer Sozialdemokrat Adolf Benz, der 1933
eine NSDAP-Parole am Amalienberg mit einem Esel „verschönt" hatte, blieb hingegen unbehelligt und
überlebte die NS-Diktatur. Uwe Schellinger
Recht und Kultur im frühmittelalterlichen Alemannien. Rechtsgeschichte, Archäologie und Geschichte
des 7. und 8. Jahrhunderts, hg. von Sebastian Brather (Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen
Altertumskunde 102), Verlag Walter de Gruyter, Berlin/Boston 2017, 371 S., S/W-Abb.
Der vorliegende Band ist eine Sammlung von Beiträgen einer Konferenz, die im Juli 2013 in Freiburg
stattfand und sich mit zahlreichen Forschungsergebnissen der letzten Jahre über Alemannien befasst
hat. Es wurden dabei Rechts-, Sprach- und Kirchengeschichte sowie Archäologie und Geschichtswissenschaft
des 7. und 8. Jahrhunderts vorgestellt und gewichtet.
Zum Beispiel ging es darum, die bereits bekannten und ausgewerteten Rechtstexte Pactus und Lex
Alamannorum in Beziehung zu den neuesten Entdeckungen zu bringen. Nach wie vor, so kann man den
Ergebnissen der Tagung entnehmen, ist es auch nach vielen archäologischen Funden relativ unklar, wo
Alamannia geographisch genau gelegen haben mag. Offensichtlich sind die Grenzüberschreitungen vor
allem im Norden und Osten des angenommenen Siedlungsgebietes der Alemannen zu fließend gewesen.
Nach römischen Zeugnissen bedeutete der Name Alamanni nichts weiter als „Männer" insgesamt. Zuwanderungen
nach dem Ende der Römerherrschaft aus der Elbgegend, Thüringen, Mecklenburg, Böhmen
und Norditalien seien, meinen die Forscher, wahrscheinlich. Stellt sich aber die noch unbeantwortete
Frage, ob die Zugezogenen Alemannen wurden oder Thüringer, Langobarden usw. blieben.
Auch wenn Bestattungsriten, Sprache oder Rechtsvorschriften berücksichtigt werden, gibt es noch
keine eindeutige Zuordnung. Alemannische, baierische und langobardische Leges etwa, weisen signifikante
Gemeinsamkeiten auf. Auch was die aufgefundenen Reste von sogenannten Pfostenbauten im
Südwesten betrifft, stellten Archäologen fest, dass diese Bauweise auch in der Nordschweiz, dem Elsass
und Bayern vorkämen.
Was die religiösen Vorstellungen im 7. und 8. Jahrhundert in Alemannien angeht, so kann man davon
ausgehen, dass bis zum 6. Jahrhundert keine Nachweise auf christliche Normen vorkommen. Dies,
obwohl der Frankenherrscher Chlodwig offenbar schon um 500 getauft worden ist. Im wahrscheinlichen
Siedlungsgebiet der Alemannen lassen sich erst im 7. Jahrhundert eindeutig christliche Gebräuche nachweisen
. Irreführend waren dabei offenbar verschiedene Funde im südwestdeutschen Raum, die christlich
anmutende Motive aufwiesen. Sie wurden oftmals als Beweise für die Christianisierung der hiesigen
Bevölkerung schon im 6. Jahrhundert gedeutet. Nach den Ergebnissen der Konferenz ist es aber möglich,
dass es sich dabei nur um magische Zeichen handelte. Aber auch wenn man christliche Motive annimmt,
könnten die Artefakte auch aus anderen Ländern importiert worden sein. Wenn im 7. Jahrhundert eindeutig
christliche Motive bei den Funden auftauchen, so sei es keineswegs sicher, ob die Mehrheit der
Bevölkerung oder nur eine kleine Oberschicht in diesem Jahrhundert christianisiert war.
Trotz aller neueren Erkenntnisse, bleiben demnach noch viele Fragen offen. Die Konferenzteilnehmer
gingen deshalb mit der Hoffnung auseinander, dass in der Zukunft noch mehr und noch eindeutigere
Zeugnisse entdeckt werden, welche die noch unsicheren Annahmen über die Menschen in Alemannien
verifizieren könnten. Detlef Vogel
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