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und kollektiven Bedürfnissen der Mönche, seiner zahlreichen Amter und Berufe, die zum Funktionieren
der Gemeinschaft erforderlich waren. Über die ausführlichen Äbtebiographien hinaus entfalten sich in
diesem Rahmen viele bisher unbekannte Lebensbilder, in denen vom Gelingen und Scheitern des erstrebten
monastischen Ideals die Rede ist.

Der Band setzt neue Maßstäbe. Man darf auf die Nachfolgebände gespannt sein. Diesem Band hätte
Abt Gerbert jedenfalls mit Begeisterung das Imprimatur erteilt. Eugen Hillenbrand

Blauer Himmel über Baden. Ortsansichten des 19. Jahrhunderts von Johann Martin Morat, hg. von Felix
Reusse für die Städtischen Museen Freiburg - Augustinermuseum, Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern
2019, 176 S., ca. 177 Farb-Abb.

Blauer Himmel über Baden - der Titel ist Programm! In den heiteren Veduten von Johann Martin Morat
(1805-1867) erstrecken sich unter einem immer gleichbleibend freundlichen Himmel die kleinen und
mittleren Städtchen Südbadens zur Zeit des mittleren 19. Jahrhunderts wie kleine , Spielzeugklötze'.

Doch werden nicht nur freundliche, biedermeierlich anmutende Ortsansichten im ,Wohlfühlmodus'
gezeigt - wobei der großzügig gestaltete Katalog auch über die Begegnung mit den Originalen während
der Ausstellungszeit hinaus in seiner bibliophilen Aufmachung ästhetischen Genuss gewährleistet. Die
umfangreiche Sammlung im Augustinermuseum Freiburg (Gouachen, Aquarelle und Zeichnungen) wurde
im Katalogteil sorgfältig wissenschaftlich aufgearbeitet, soll dieser Bestandskatalog doch als Basis für
ein zukünftiges Werkverzeichnis des Künstlers dienen. In der kunsthistorischen Erschließung ergaben
sich neben Forschungsfeldern hinsichtlich der ausgeklügelten Mischtechnik von Aquarell und Gouache,
der Morat'schen Motiv- und Perspektivwahl, der angewandten Kopiertechnik der eigenen Vorlagen (Pause
oder Lithographie?) auch Fragen nach seinem Vertriebssystem, dem anscheinend jahrzehntelang anhaltenden
Erfolg (Morat und seine Familie konnten von seiner Malerei anscheinend gut leben), und nicht
zuletzt auch nach dem Kundenkreis. Leider sind fast keine Quellen über die Käuferschaft überliefert,
doch wird diese im aufstrebenden Bürgertum, der Unternehmerschaft der beginnenden Industrialisierung
, dem Landadel und den ersten Touristen vermutet.

Sowohl in der Ausstellung als auch im Katalog erfolgt die Präsentation der Ortsansichten in ihrem
geographischen Zusammenhang. In einer imaginären Reise wird der Leser durch den Wirkungskreis des
in Stühlingen beheimateten Malers zwischen Rhein und Bodensee, von Villingen-Schwenningen bis an
den Hochrhein an der Schweizer Grenze geleitet. Rund 90 Ortschaften hatte Morat in einem Schaffenszeitraum
von etwa 40 Jahren in sein Repertoire aufgenommen und seine Aufnahmen immer wieder aktualisiert
- wünschten seine Kunden doch aktuelle Ortsansichten. So wurden spätere Ortserweiterungen,
Fabrikansiedlungen und der Anschluss an das Badische Eisenbahnnetz von ihm gewissenhaft registriert
und berücksichtigt, sei es als späterer Eintrag in seine Vorlagen oder in gänzlich neuer Zeichnung. Diese
Ergänzungen geben wichtige Hinweise auf die Entstehungszeit der einzelnen Blätter, da nur die allerwenigsten
Veduten datiert sind und eine augenscheinliche künstlerische Weiterentwicklung des Autodidakten
kaum erkennbar ist.

Und wäre das nicht schon verdienstvoll genug, hat sich das Team um Felix Reuße der Morat'schen
Vedutenmalerei von verschiedenen Standpunkten genähert und für die Katalogbeiträge andere Disziplinen
mit ins Boot geholt. In einem launigen „Begleitbrief" verweist der Künstler Richard Schindler auf
den „Wahrheitsgehalt" der Veduten, den er völlig unabhängig von jeglicher „Richtigkeit" der Bilder verortet
. Trotzdem ist den Ortsansichten eine geradezu vermessungstechnische Genauigkeit zu attestieren,
die Historikern, Geographen, Kulturgeographen und einem Agrarwissenschaftler genügend Anschauungsmaterial
boten, den Leser u.a. in die damalige Wald-, Wiesen- und Wasserwirtschaft oder in die
Entwicklung des Textilgewerbes einzuführen.

Erfreuten die Gouachen ihre damaligen Besitzer mit einer exakten zeitgenössischen Darstellung ihrer
Wirklichkeit, so wurden 26 Veduten mit aktuellen Fotografien der Ortschaften in ihrem heutigen

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