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Bei der Bauuntersuchung wurden vor allem Befunde am freiliegenden Mauerwerk der Außenseiten
erfasst. Im Inneren blieben die Wandputze erhalten, sodass Beobachtungen dort nur
sehr eingeschränkt möglich waren. Dendrochronologische Altersbestimmungen der frühen
Bauphasen konnten nicht vorgenommen werden, da entsprechende Holzteile nicht vorhanden
oder nicht zugänglich waren. Entsprechend den Ergebnissen der Bauuntersuchung wird die Baugeschichte
chronologisch nach einzelnen Bauzuständen bzw. Bauphasen gegliedert dargestellt.
Bauphase I
Wohl im Laufe des 14. Jahrhunderts wurde der Kernbau als ein erstes turmartiges Gebäude
erstellt (Abb. 2 und 3). Sein Grundriss war ungefähr quadratisch mit Seitenlängen zwischen 7,8
und 8,3 m. Bis auf einen Rest im Keller fiel seine westliche Wand in ganzer Höhe der späteren
Erweiterung zum Opfer. Schon das mittelalterliche Mauerwerk enthält zahlreiche Ziegel- und
Backsteinfragmente. Die Mauerecken des Gebäudes wurden nicht mit Werksteinquadern besetzt
. Aus Mauerrücksprüngen an der Innenseite in Verbindung mit der Höhenlage der Fensteröffnungen
von Bauphase II kann auf die früheren Bodenniveaus zurückgeschlossen werden.
Demzufolge lag der Boden im Erdgeschoss etwa 20 cm und im Obergeschoss 90 cm höher als
heute. Das Kellergeschoss geht auf die Errichtung des Kernbaus zurück. Da sein Mauerwerk
auf der Außenseite in Höhe des bestehenden Außenniveaus als Fundament vortritt und unregelmäßig
wird, dürfte sich das Außenniveau seit der Bauzeit kaum verändert haben. Bezüglich der
früheren Bauhöhe kann lediglich nachvollzogen werden, dass das Mauerwerk um mindestens
eine halbe Geschosshöhe weiter nach oben reichte als heute. Über die Gesamthöhe und die Art
und Weise des oberen Abschlusses lassen sich keine Aussagen treffen.
Die Zugangstür auf der Nordseite lag genau an der Ecke des früheren Erdgeschossraums
(Abb. 5). Für ihr Gewände wurden Buckelquader aus braunem Sandstein gehauen, deren Buckel
inzwischen stark verwittert sind. Passend zum damals etwas höheren Bodenniveau waren
die leicht vortretenden untersten Gewändesteine einst Teil des Schwellensteins. Aufgrund der
früheren Höhe des Erdgeschosses hätte ein Rund- oder Spitzbogen anstelle der bestehenden
Sturzplatte Platz gefunden. Damit hätte die Eingangstür dem ebenfalls buckelquadergerahm-
ten Zugang zum halb eingetieften Kellergeschoss eines Turmhauses in Zarten geähnelt, deren
Entstehung in Verbindung mit dem dendrochronologisch datierten Gebälk für das Jahr 1345
nachgewiesen ist.22 Im Mittelalter hatten turmartige Bauten üblicherweise einen Hocheingang
ins Obergeschoss mit Außentreppe. Dieser könnte innerhalb der heute fehlenden Westwand
oder direkt oberhalb des erdgeschossigen Eingangs gelegen haben, ohne dass entsprechende
Hinweise beobachtet werden konnten.
Es gab vermutlich nur wenige kleine Fenster oder Scharten, von denen jedoch ebenfalls
nichts nachgewiesen werden konnte, da sie vermutlich an den Stellen späterer größerer Fenster
gelegen hatten. Ansonsten besteht die Möglichkeit, wie sie an einigen Burgen andernorts nachgewiesen
wurde und vor allem durch frühe Bilddarstellungen belegt ist, dass der gemauerte
Turm als Sockel für einen Aufsatz aus einem oder zwei Fachwerkgeschossen diente, welcher den
eigentlichen Wohnteil aufnahm. Aus Mangel an Befunden bleibt dies jedoch spekulativ.
An der Nordseite war eine Mauerfläche etwa im Bereich des heutigen Obergeschosses und
von der Nordostecke her über etwas mehr als die halbe Breite des Kernbaus unverputzt belassen
worden, und es hat sich dort eine leichte Rußschicht auf dem vorgequollenen Mauermörtel an-
Stefan King: Zarten, Turmhaus, Bauhistorische Kurzanalyse vom Juli/Dezember 2015.
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