http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2020/0015
gelagert (Abb. 5). Hier hatte entweder zur Zeit der Errichtung des Kernbaus bereits ein Gebäude
gestanden, an das unmittelbar angebaut wurde, oder es schloss schon zur Bauzeit ein Baukörper
an, der im Bereich der Verrußung eine untergeordnete Nutzung, etwa den Dachraum, aufwies,
wonach er eingeschossig gewesen sein müsste. Da weder Mauerverzahnungen zu finden waren
und bei Bodeneingriffen entlang der Außenwand keine entsprechenden Fundamentmauern zum
Vorschein kamen, darf eine leichte, hölzerne Konstruktion vermutet werden. Die Verrußung
deutet auf eine Feuerstelle, sodass hier eine Küche oder ein Backofen untergebracht gewesen
sein könnte.
Die Ausbildung der flachen, kissenförmigen Buckelquader am Türgewände und der hohe
Anteil an Backstein- und Ziegelbruchstücken zusammen mit dem Fehlen von Buckelquadern an
den Hausecken schließen eine Datierung in das 13. Jahrhundert aus. Die archäologischen Funde
und die Schriftquellen unterstützen die Bauzeit im 14. Jahrhundert.
Bauphase II
Im 15. oder frühen 16. Jahrhundert wurden gekehlte Fenstergewände aus rötlichem Buntsandstein
eingebaut. Flache Entlastungsbögen oberhalb hatten die Aufgabe, das Gewicht des darüberliegen-
den Mauerwerks abzufangen. Dafür kamen Backsteine von 27 cm Länge, 13,5 cm Breite und einer
Dicke von 4,5 cm zum Einsatz. Wo die Gewändesteine nicht mehr vorhanden waren, konnten Lage
und Größe der früheren Öffnungen noch anhand dieser Bögen nachvollzogen werden. Auch im
Hausinneren waren noch Reste der ehemaligen Fensternischen festzustellen.
Gleich neben der Haustür befindet sich ein kleines quadratisches Fenster mit gekehltem
Gewände, das allerdings erst in späterer Zeit hier eingebaut wurde (Abb. 5). 1 m oberhalb davon
befindet sich der Backsteinbogen einer kleinen Öffnung, deren frühere Funktion so hoch
in der Wand unklar geblieben ist. An der Ostseite kann unterhalb eines Entlastungsbogens von
größerer Breite eine Doppelöffnung vermutet werden (Abb. 6 und 7). Im Obergeschoss kamen
hier gleich drei backsteinerne Bögen in dichter Folge zum Vorschein. Nahe der Nordostecke
war zudem das gekehlte Steingewände eines Doppelfensters mit Mittelpfosten und Öffnungen
von jeweils 38 cm Breite und 115 cm Höhe erhalten geblieben. Ein kürzerer Backsteinbogen in
etwas tieferer Lage unmittelbar daneben dürfte wahrscheinlich zu einem innenliegenden Wandschränkchen
gehört haben. Nahe der Südostecke ließen sich zwei Bogenansätze aus Backstein
zu einer Spannweite von 2,5 m verbinden, wo eine drei- oder vierteilige Fensterreihe mit überhöhten
Öffnungen in der Mitte zu vermuten ist. Einen identischen Befund gab es auch um die
Ecke herum in der Südwand nebst dem Bogenansatz einer weiteren großen Öffnung.
Die Fensteröffnungen lassen Rückschlüsse auf die Räumlichkeiten im Inneren zu, denn die
mehrteiligen Fensterreihen gehörten ganz offensichtlich zu einer Stube. Rechnet man ihr auch
das vermutete Wandschränkchen zu, hätte sie 5,8 auf 4,5 m gemessen und somit eine Grundfläche
von 26 qm umfasst. Nördlich davon wäre ein Flur anzunehmen, von dem auch der Stubenofen
beschickt werden konnte. Für das zweite Obergeschoss ließen sich keine Hinweise zur
früheren Nutzung gewinnen. Die Küche hätte entweder in der Nordostecke des Erdgeschosses,
wo sie zuletzt noch zu finden war, oder im oben beschriebenen nördlich vorgelagerten Baukörper
Platz gefunden. Beim Keller darf von einer Nutzung als Lagerraum ausgegangen werden,
vermutlich zugänglich über einen Außenabgang in der Westwand.
Sofern die Annahme zutrifft, dass die Wohnräume ursprünglich in einem Aufsatz des
Turms untergebracht waren, dann hatte man sie nun nach unten verlegt, wo sie weniger beschwerlich
zu erreichen waren. Die großen Fenster sorgten für Wohnlichkeit, womit der Turm
aber seine Wehrfähigkeit einbüßte.
15
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2020/0015