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Geschichtliches und Baugeschichtliches
Das Interesse der historischen und archäologischen Forschungen bezieht sich vor allem auf das
Alter und die Bautechnik dieses Zuleitungskanals. Nachdem in den 1980er- und 1990er-Jahren
ein Zusammenhang zwischen den metertiefen Aufschüttungen der Freiburger Altstadt, die
auf die Zeit zwischen 1170 und 1180 datiert werden, und der Anlage der Freiburger Bächle
hergestellt worden war,3 kam auch diese Zuleitung gelegentlich in den Blick, ohne dass dazu
jedoch zielgerichtete baugeschichtliche oder gar archäologische Forschungen erfolgt wären. Im
Wesentlichen standen lange zwei Thesen im Raum: Die erste sah diese Zuleitung als einen
bergmännisch in den Felsen gehauenen „Stollen" an, der bereits mit der Anlage des Bächlesys-
tems geschaffen wurde.4 Die zweite These ging davon aus, dass es sich nicht um einen Stollen,
sondern um ein gemauertes Gewölbe handelt, das einen bereits bestehenden Zuleitungskanal
umgibt, der selbst jedoch älter sein kann.5
Während die Existenz des Gewerbekanals urkundlich erstmals für 1220 und die der Bächle
für 1238 belegt ist, wird der Auslauf des Wassers aus dem Gewerbekanal urkundlich erst im
Jahr 1300 genannt.6 In dieser Urkunde wird unter anderem die Verleihung einer Mühle durch
Rudolf den Löffeler an die Witwe des Müllers Konrad Werder verbrieft, die under dem berge
under sant Johanneser müli aller nehiste an dem alten runse, da der back us dem runse gat
lag.7 Hier wird jedoch nicht von einem „Gewölbe", sondern von einem „Bach" gesprochen. Die
archäologe Dr. Immo Beyer zu diesem Zulauf archäologische Untersuchungen durchführen wollte
, publiziert wurde jedoch dazu bis heute nichts. In der Publikation von Immo Beyer: Haupthaus
des Grafenhauses um 1000, Oberlinden 10-14, Dokumentationsmappe, Stadt Freiburg im Breisgau
(Hochbauamt), 1997, S. 22, wird lediglich von einer Vermessung gesprochen, die von ihm 1985
durchgeführt wurde.
Josef Diel: Die Tiefkeller im Bereich Oberlinden (Stadt und Geschichte. Neue Reihe des Stadtarchivs
Freiburg i. Br. 2), Freiburg 1981; Matthias Untermann: Archäologische Beobachtungen zu den Freiburger
Altstadt-Straßen und zur Entstehung der „Bächle", in: Schau-ins-Land 114 (1995), S. 9-26; Eckhard
Villinger: Freiburg im Breisgau - Geologie und Stadtgeschichte (LGRB Informationen 12), Freiburg
1999, bes. S. 56ff., stellte aus geologischer Perspektive fest, dass das natürliche Gefälle der Freiburger
Altstadt zum technischen Betrieb des Bächlesystems völlig ausgereicht hätte. Bis heute ist auch nicht
plausibel erklärt worden, weshalb man seit der Marktrechtsverleihung von 1120 rund 50 bis 60 Jahre
hätte warten sollen, bis man dieses Brauchwassersystem errichtete und wie die Brauchwasserversorgung
bis dahin organisiert war. Wenn es sich bei der Niveauerhöhung überhaupt um eine „Aufschüttung in
einem Zug" gehandelt hat, dann wäre eine wahrscheinliche Erklärung dafür, dass bereits die Herzöge
von Zähringen die Vorstadt „Neuburg" im Norden Freiburgs geplant hatten, für deren Anschluss an das
System eine größere Anpassung des Bodenniveaus nötig erschien. Das würde auch erklären, dass sich
die Stadtbürger nicht dagegen wehrten, dass aus ihren Erdgeschossen nun Kellergeschosse wurden, weil
sie den Vorteil einer Stadterweiterung erkannten. Letztlich ist es nicht auszuschließen, dass man bei
zukünftigen archäologischen Ausgrabungen noch auf Bächle strukturen stoßen wird, die unterhalb der
Aufschüttungen liegen, denn bislang wurde fast immer im Bereich von Gebäuden und nicht in der Mitte
von Straßenzügen gegraben, wo die Bächle überwiegend verliefen.
Mathias Untermann: Archäologische Befunde zur Frühgeschichte der Stadt, in: Geschichte der Stadt
Freiburg im Breisgau, Bd. 1: Von den Anfängen bis zum „Neuen Stadtrecht" von 1520, hg. von Heiko
Haumann und Hans Schadek, Stuttgart 1996, S. 88-119.
Villinger (wie Anm. 3), S. 52.
Freiburger Urkundenbuch (FUB), Bd. 1-3, bearb. von Friedrich Hefele, Freiburg 1940-1957, hier FUB 1, S.
18, Nr. 35 (1220 August 8); FUB 1, S. 48, Nr. 63 (1238 August 30); FUB 2, S. 351, Nr. 283 (1300 Februar 8).
Bis 1335 wurde diese Mühle noch mehrmals verkauft - die Beschreibung ihrer Lage änderte sich dabei
im Wortlaut nicht (vgl. FUB 3, S. 15, Nr. 18 [1302 Mai 12]; Urkundenbuch der Stadt Freiburg im Breisgau
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