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Von Herbolzheim nach Freiburg
Herbolzheim, von wo die Familie Kuenzer ursprünglich stammt, wurde 1810 zur Stadt erhoben
und zählte damals 1.746 Einwohner. Wie einer Ortsbeschreibung aus dem Jahr 1814 zu entnehmen
ist, lassen sich an Gewerbe und Handwerkern dort finden:
„37 Weber, 23 Schuster, 11 Schreiner, 9 Schneider, 8 Kiefer, 8 Hufschmiede, 8 Metzger
, 6 Maurer, 4 Zimmerleute, 4 Nagelschmiede, 4 Schlosser, 4 Wagner, 3 Glaser,
3 Sattler, 5 Ziegler, 14 Bäcker, 2 Seiler, 4 Gerber, 2 Säckler, 1 Strumpfstricker, 2
Strumpfweber, 3 Wollenweber, 1 Messerschmied, 2 Seifensieder, 1 Lichterzieher, 1
Büchsenmacher, 1 Spitzarbeiter, 1 Ciavier- und Orgelmacher, 3 Bierwirthe, 2 Oeh-
ler, 4 Handelsleute und 1 Eisenhändler. Nebst diesen befinden sich hier 3 starke Gesellschaften
, welche sich mit Reisten- oder Hanf-Tuch und Tabak-Handel abgeben,
und besonders vom ersten Fabrikate in tausend Zentner jährlich in die Schweiz, nach
Frankreich und in andere Staaten liefern."4
Die Einwohner lebten ansonsten von der Landwirtschaft, dem Anbau von Nutzhanf und
dem Weinbau.
Die Familie Kuenzer (Cuenzer, Cuentzer, Cuonther, Kuonzer, Cuntzer, Kunzer oder Kün-
zer) war beachtlich groß und umfasst im Ortssippenbuch der Stadt Herbolzheim 15 (!) Seiten,
beginnend mit dem 16. Jahrhundert. Mit dem Namen „Kuenzer" wurde angeblich der Sippenälteste
einer Dorfgemeinschaft bezeichnet.5
Alle in Freiburg sesshaft gewordenen Kuenzer sollen vom Herbolzheimer Metzger und
Adlerwirt Franz Joseph Kuenzer (1726-1776) abstammen, der gelegentlich auch als Leinenweber
bezeichnet wird. Aufgrund von Eintragungen in den Freiburger Kirchenbüchern mit
dem Hinweis „von Herbolzheim" oder „geboren in Herbolzheim" konnten sechs Personen mit
dem Namen „Kuenzer" ermittelt werden, die um die Wende des 18. zum 19. Jahrhundert in
die Breisgaumetropole übergesiedelt und eingebürgert worden sind, darunter vier Brüder, auf
die in der Folge näher eingegangen wird (vgl. Tabelle 1). Ihre Berufe - Bäcker, Bierbrauer und
Weißgerber - gab es natürlich auch in Freiburg, so z. B. 33 Bäcker, fünf Bierbrauer sowie drei
Weißgerber im Jahr 1806.6 Trotz dieser sich abzeichnenden Konkurrenz scheuten die Brüder
Michael, Philipp, Joseph und Martin Kuenzer das Wagnis nicht und verließen ihren Heimatort
in der Hoffnung, durch harte Arbeit wirtschaftliche Erfolge erzielen zu können. Hierzu setzten
sie ihr bereits vorhandenes Vermögen ein, bemühten sich aber außerdem, in standesgemäße
Familien einzuheiraten, die ihr soziales und wirtschaftliches Fortkommen entsprechend fördern
konnten.
Historisch-statistisch-topographisches Lexicon von dem Großherzogthum Baden, Bd. 2: H-N, hg. von
Johann Baptist von Kolb, Karlsruhe 1814, S. 63.
Sippenbuch der Stadt Herbolzheim im Breisgau, hg. von Albert Köbele, Grafenhausen 1967 (Nachdruck
1995), S. 446-460. Ein weiteres Verzeichnis zur Familie Kuenzer wurde von Frau Mohr-Schmidt angefertigt
. Darüber hinaus existiert eine Aufstellung der Kuenzer-Verwandtschaft von Werner Kuenzer, Maria
Popken (geb. Kuenzer) und Rolf Eilers vom Januar 1979, die bis in die Gegenwart reicht. Aufschlussreich
sind in diesem Zusammenhang ferner die katholischen Kirchenbücher der Freiburger Pfarreien Münster
(Dom), St. Martin und St. Urban. Wertvolle Hinweise lassen sich auch in der Familien- und Personenkartei
sowie aus den Nachlassakten im Stadtarchiv Freiburg und in Archivalien im Staatsarchiv Freiburg
finden.
Stadtarchiv Freiburg (StadtAF), Cl Gewerbe und Handel 1 A Nr. 8.
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