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Die Nachkommen des Franz Xaver Kuenzer
Hinsichtlich der Zichorien- und Champagnerfabrik war Franz Xaver Kuenzer sicher der Ideengeber
und Initiator. Dabei ist davon auszugehen, dass er in jungen Jahren schon eine Zichorienfabrik
gesehen hatte - vielleicht jene 1798 durch C. Trampler in Lahr gegründete Firma.85 Als
günstige Gelegenheit zur Realisierung bot sich der Kauf des „Tennenbacher Hofes" an. Dabei
dürfte der Firmen-Kompagnon Michael Kuenzer sowohl als Geldgeber als auch - in seiner
Position als Zunftmeister der Bäckerzunft zum Elephanten und als Magistrat bzw. langjähriger
Stadtrat - Vertrauensperson für Investoren eine Rolle gespielt haben. Franz Xaver Kuenzer war
dagegen für die Realisierung des praktischen und technischen Betriebes verantwortlich und
galt als moderner Unternehmer, was er im Zusammenhang mit der Gründung und Tätigkeit als
1. Präsident der Handelskammer in der Zeit von 1835 bis 1848 bestens bestätigen konnte. Die
Zichorienfabrik Kuenzer & Co. entwickelte sich sehr gut, sodass sie im Jahr 1863 eine Steuerkapital
-Gesamtsumme von 139.740 Gulden aufwies und damit in Freiburg an dritter Stelle
nach der Firma Gebrüder Mez (Seidenzwirnfabrik) mit 201.300 Gulden und der Firma Flinsch
(Papierfabrik) mit 168.740 Gulden positioniert war.86 In diesem Erhebungsjahr verstarb am 19.
März Franz Xaver Kuenzer „nach längerem Leiden".87 Er wurde beerdigt auf dem Alten Friedhof
(Grab Nr. 895), wo auch seine Ehefrau Josepha (t 9. Februar 1858, Grab Nr. 897) ihre letzte
Ruhestätte fand. In seiner Todesnachricht wird hervorgehoben:
„Sein Landesherr würdigte seine großen industriellen Verdienste zuerst durch Verleihung
des Ritterkreuzes vom Orden des Zähringer Löwen und durch Ertheilung
der großen Medaillen bei den Gewerbe-Ausstellungen zu Karlsruhe 1842 und 1861,
sowie ihm auch 1844 jene zu Berlin, 1854 in München und 1862 zu London zu theil
geworden sind."
Aus seiner Ehe mit Josepha Kuenzer, Tochter seines Onkels Michael Kuenzer, geschlossen
am 10. Februar 1820 in Freiburg (St. Martin), gingen die Söhne Adolf (* 25. Oktober 1820),
Eduard (* 13. Oktober 1823) und Alexander (* 28. Juni 1826) sowie die Tochter Josepha (* 13.
November 1821, verheiratet mit dem Großherzoglich Badischen Generalmayor Franz Keller)
hervor. Einem Handelsregistereintrag vom 23. Juni 1863 ist zu entnehmen, dass die Firma Kuenzer
& Co. aus den Gesellschaftern Adolf und Alexander Kuenzer bestand, dem ältesten und
dem jüngsten Sohn des verstorbenen Franz Xaver Kuenzer. Am 6. November 1872 erfolgte dann
der Austritt des Gesellschafters Alexander Kuenzer.
Mit Beschluss Nr. 5852 galt die Firma ab 13. März 1885 als „erloschen".88 Im Zusammenhang
mit der Auflösung wurden im Grundbuch die Einzelheiten zur Teilung des Gesellschaftsvermögens
zwischen den Brüdern Adolf und Alexander Kuenzer festgehalten. Danach übernahm Adolf
sämtliche Aktiva und Passiva der Gesellschaft für sich, während Alexander einen beachtlichen
Gleichstellungsbetrag einschließlich einem Ausgleich für folgende Liegenschaften erhielt:
[...] die ganze Zichorienfabrik mit Wohnhaus u. Garten, Zähringerstraße No 10, dazu
die sogenannte Kunstmühle, jetzt Zichorienmühle mit den beiden Fermentierhäusern
Ursula Huggle: Frühe Industriestädte? Die wirtschaftliche Entwicklung von Freiburg und Lahr 1800-
1880, in: Boll/Huggle (wie Anm. 57), S. 12.
StadtAF, E 1 A II a 2 (Stadtgemeinde Freyburg, Register pro 1863).
Freiburger Zeitung vom 21.03.1863.
StAF, G 540/5 (Handelsregister „alt" Freiburg, Firmenregister Band I, 1863-1890).
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