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der Kriegsführung im Allgemeinen.29 Zumindest ihm war klar, dass er damit gegen offizielle
Militärregeln verstieß, und er fügte einem besonders entmutigenden Bericht im November
1916 hinzu: Das alles darf eigentlich nicht geschrieben, d. h. nicht weitererzählt werden, ich
bitte also auf mich da Rücksicht zu nehmen und nichts davon weiterzuerzählen .30 Die Qualität
und Quantität dieser schonungslos ehrlichen und daher zuverlässigen Beschreibungen und
Bewertungen von Heinrich Brenzinger und Felix Ganz geben uns, wie die Feldpost allgemein,
ein eindrückliches Bild des Ersten Weltkrieges jenseits der offiziellen Kriegspropaganda.
Abb. 9
Felix Ganz als Einjährig-Freiwilliger
(Privatsammlung Heinrich Brenzinger)
Ab 1916 wurden im Zug der von der Obersten Heeresleitung angestrebten totalen Mobilisierung
aller gesellschaftlichen Ressourcen und Kräfte auch ältere Jahrgänge einberufen,31 und Felix erhielt
im Januar 1916 als 46-Jähriger seine Einberufung in die Darmstädter Feldartillerie. An seinen
Bruder Theodor in Freiburg schrieb er: Ich selbst habe das Vergnügen, am Montag beim Feld.
Art. Reg. 61 in Darmstadt einzurücken, der erste Urlaub nach 25 Jahren!32 Zwei Wochen später
berichtete er gutgelaunt und optimistisch: Nun bin ich schon bald 14 Tage Soldat! Schicksal!33
Seine Sorgen, dass seine chronischen Kopfschmerzen ihn am Dienst hindern könnten, erwiesen
sich anfangs als unbegründet und er sah seine baldige Verlegung an die Front als eigentlich eine
angenehme Aussicht.3* Nur was aus dem Geschäft würde, bedrückte ihn.
29 Vgl. z. B. Brief von Heinrich Brenzinger an Theodor Ganz am 17. Februar 1915 aus Menin.
30 Brief von Heinrich Brenzinger an Theodor Ganz vom 15. November 1916.
31 Vgl. u. a. Chickering (wie Anm. 26), S. 124f.
32 Brief von Felix Ganz an Theodor Ganz vom 7. Januar 1916.
33 Brief von Felix Ganz an Adele Ganz vom 23. Januar 1916.
34 Ebd.
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