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Sein politisches Engagement in der Zentrumspartei stand ganz im Zeichen der vollen Integration
der Katholiken in das Wilhelminische Reich. Während des Ersten Weltkriegs war
Krebs als national-konservativer, den Krieg theologisch rechtfertigender Monarchist aufgetreten
, der von der Legalität des deutschen „Verteidigungskampfes" überzeugt war und an die
sittliche Gerechtigkeit der deutschen Sache glaubte. Schon im August 1914 hatte er sich als
Verfasser allgemein verständlicher religiöser Kriegs- und Erbauungsliteratur hervorgetan.24 Der
Zusammenbruch Deutschlands konnte ihn in seinem nationalen Engagement nicht bremsen.
Dieses stand ganz im Zeichen einer Versöhnung auf nationaler und europäischer Ebene: Im Januar
1918 nahm Krebs auf Wunsch des Zentrumsabgeordneten Constantin Fehrenbach25 (1852-
1926) an der Tagung der Internationalen katholischen Union in Zürich teil, bei der Vertreter
verschiedener kriegsführender und neutraler Staaten die Aufgaben der katholischen Friedensarbeit
besprachen.26 Die Internationale katholische Union verstand sich dabei ferner als eine
freie und neutrale Vereinigung der politischen und sozialen Führungen der Katholiken aller
Länder, ohne Unterschied der Nationen und Rassen und setzte sich zum Ziel, wo immer möglich
eine Einßussnahme auf die Friedensverhandlungen im Sinne der allgemein christlichen und
katholischen Interesse zu erreichen.27 Vor dem Hintergrund der innerhalb der Zentrumspartei
stattfindenden Diskussion um eine politische Neuausrichtung forderte Krebs von seiner Partei
nun ein Bekenntnis zur christlich beseelte[n] Republik, da die Monarchien in Deutschland [...]
nicht mehr zum Heil der Völker seien und anstatt des engen nationalistischen Denkens forderte
er einen gesamteuropäischen Solidarismus.28 In seiner im Jahr 1924 publizierten Vortragsreihe
über „Die Kirche und das neue Europa" war er als Vertreter eines ver sacrum catholicum, eines
heiligen katholischen Frühlings, der Weimarer Republik aufgetreten.29 Er hatte dieser theologischen
Agenda entsprechend das gesellschaftsprägende und einheitsstiftende Potential der
katholischen Kirche für die deutsche Nation und Europa betont, deren Kraft vor allem in ihrer
gottgegebenen Autorität und Objektivität, in ihrem Geist der Heiligkeit, ihrer inneren Festigkeit
und Ordnung gründe.30 Aber auch außerhalb der katholischen Kirche sah Krebs den Gedanken
des Zusammenschlusses und der Katholizität: Er würdigte die Außenpolitik der beiden „Erfüllungspolitiker
" Josef Wirth und Gustav Stresemann (1878-1929). Gerade den Beitritt Deutschlands
zum Völkerbund und seinen ständigen Sitz im Völkerbundrat wertete Krebs als Beginn
einer neuen europäischen Staatenordnung, wobei das Konzept eines neuen Europas ohne kirchlichen
Integralismus nicht zu haben war.31
24 Vgl. Engelbert Krebs: Gedanken über den großen Krieg, Bd.1-3, Freiburg 21915/16; Ders.: Katholische
Monatsbriefe zur Verteidigung deutscher und katholischer Interessen im Weltkrieg, Freiburg/Berlin
1915-1919.
25 Astrid Luise Mannes: Reichskanzler Constantin Fehrenbach. Eine Biographie, Diss., Berlin 2006.
26 UAF, C126/24, Tagebucheintrag vom 26.01.1918.
27 Ebd., Rundschreiben mit den Leitsätzen der internationalen katholischen Union vom 08.11.1927.
28 UAF, C126/29, Tagebucheintrag vom 18.11.1925.
29 Engelbert Krebs: Die Kirche und das neue Europa: Sechs Vorträge für gläubige und suchende Menschen
, Freiburg 1924.
30 Vgl. Thomas Rüster: Die verlorene Nützlichkeit der Religion: Katholizismus und Moderne in der Weimarer
Republik, 2., erg. Auflage, Bonn 1997, S. 314.
31 Vgl. ebd., S. 315.
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