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rieh Schlatter plante Krebs sogar eine zweite Amerika-Reise im Interesse einer engeren Verbindung
Deutschlands mit diesem Lande, vor allem der engeren Verbindung der Theologen}®9
Zudem beabsichtigte Schlatter in seinem New Yorker Büro eine Agentur als Anlaufstelle für
amerikanische Akademiker und Geschäftsleute einzurichten, die Interesse an der Einstellung
deutscher katholischer Wissenschaftler hätten. Bestärkt durch die Gespräche mit zahlreichen
katholischen Theologen entwickelte Krebs zusammen mit Friedrich Schlatter überdies die Idee
eines deutsch-amerikanischen Studentenaustauschs, deren Realisierung jedoch von Schlatters
schwerer Erkrankung und dessen Tod im Juni 1927 zunichte gemacht wurde.110 Auch der Plan
von Krebs, ein zweites Mal in die Vereinigten Staaten zu reisen, verlief damit im Sand. Während
und nach seiner Weltreise wurde Krebs manchmal die Frage gestellt, ob ihm Freiburg nicht
zu eng und zu klein vorkommen müsse nach seiner Heimkehr. Mit vollster Überzeugung konnte
Krebs diese Frage verneinen: Seine „heimische Universitätsstadt" erscheine ihm vielmehr als
„weltoffene[r] Hafenplatz, [...], in dem sich zwar keine Handelsschiffe, wohl aber geistig rege
Menschen aus aller Welt treffen".111
Fazit
Insgesamt betrachtet lässt sich Krebs Weltreise als Höhepunkt seiner politischen Agenda der
Weimarer Republik begreifen, die nicht minder offensiv war als seine frühere Kriegspropaganda
und bei der theologisch-religiöse und national-politische Motivationen aufs Engste miteinander
verknüpft waren. Auf politischer Ebene trat Krebs als Verfechter eines progressiv-liberalen Ansatzes
einer Wiederannäherung der Völker auf, auf theologischer Ebene als Verkünder eines antimodernistischen
und zugleich antiprotestantischen Programms, nach der die Entstehung einer
solidarischen Weltgemeinschaft ohne die Kulturkraft des Katholizismus nicht zu verwirklichen
war. In diesem Kontext schrieb Krebs der katholisch-theologischen Wissenschaft eine entscheidende
Rolle für die internationale Völkerverständigung zu, die er von der Wesensbeschreibung
der katholischen Kirche als erdumspannende und völkerverbindende Glaubensgemeinschaft
ableitete. Hierbei sollte man den Geist der Versöhnung und der gegenseitigen Hochachtung
folgen, welche sich die katholische Lehre zur Pflicht gemacht hatte, und einen Beitrag zur Wiederherstellung
und Pflege jener geistigen Beziehungen und Bande zwischen den Katholiken und
theologischen Wissenschaftlern aller Länder erreichen. Religion und Wissenschaft wurden ein
einheitsbildender und friedenstiftender Charakter zugedacht. Vor allem religiöse und wissenschaftliche
Kontakte wären demnach in der Zwischenkriegszeit als Grundsteine der internationalen
Annäherung zu betrachten. Dieser Einstellung entsprechend sah Krebs im Ausland Anzeichen
dafür, dass die Leistungen der deutschen Forscher als herausragende Persönlichkeiten
geehrt würden, Anerkennung fanden und ein Wille zur wissenschaftspolitischen Zusammenarbeit
bei US-amerikanischen und japanischen Gelehrten vorhanden war. Mit dem Versuch des
Aufbaus eines deutsch-amerikanischen Studierenden- bzw. Akademikeraustauschs, lassen sich
sogar Ansätze der Institutionalisierung der Wissenschaftsbeziehungen erkennen. Die Weltreise
zeigt sich demnach als Versuch, den im Zuge des Ersten Weltkriegs einsetzenden Boykott der
deutschen Wissenschaft aufzubrechen und zu einer Internationalisierung der katholisch-theologischen
Fachdisziplin als auch der Forschung im Allgemeinen beizutragen. An dieser Stelle
ge des Deutschtums 15 (1927), S. 563-568.
UAF, C126/575, Schlatter an Krebs vom 27.09.1926.
Vgl. ebd., Schlatter an Krebs vom 30.07.1926.
Vgl. Krebs (wie in Anm. 58), S. 604.
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