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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2020/0132
Über den Rhein musste auch die Familie des Kaufmanns Adolf Monasch aus Mülhausen, das
jetzt wieder zu Mulhouse geworden war. Adolf Monasch stammte aus dem Teil Deutschlands,
der damals noch „Westpreußen" hieß, der aber wie das Elsass nach 1918 auch von Deutschland
abgetrennt und Teil des neu entstandenen Staats Polen wurde.

Geboren war Adolf Monasch 1847 in Krotoschin2. Seine um 14 Jahre jüngere Ehefrau Mar-
ta, deren Mädchenname ebenfalls Monasch war, war in Berlin geboren und möglicherweise
seine Cousine. In Berlin lebte zunächst auch das Ehepaar und dort kam ihr erstes Kind Mathilde
Charlotte am 14. Juli 1882 zur Welt. Ihre beiden anderen Kinder wurden dann bereits in
Mülhausen geboren, Bertha Paule am 20. Januar 1886 und Gertrude am 1. Februar 1892. Wie
es damals üblich war, wurden die Kinder zuhause geboren, und an den Eintragungen des Standesamts
sieht man, dass die Familie inzwischen sozial aufgestiegen war. Während Bertha Paule
noch in der Industriegasse 15, die sicher nicht in einer vornehmen Umgebung lag, auf die Welt
kam, so wurde Gertrude bereits in der Wildemanngasse3 28-30, der repräsentativen Haupt- und
Geschäftsstraße, geboren.4

Bei ihrer Vertreibung waren die drei Schwestern 26, 32 sowie 36 Jahre alt und somit nicht
mehr ganz junge Frauen. Alle drei zudem noch unverheiratet, was bei einer jüdischen Familie
für die damalige Zeit sehr ungewöhnlich war. Wie sie in Mühlhausen aufgewachsen sind, welche
Schulen sie besucht hatten, ob und in welche Synagoge sie mit ihren Eltern gegangen sind,
das alles weiß man heute nicht mehr. Aber irgendwelche Ausbildungen hatten sie wohl gehabt,
die ihnen später den Lebensunterhalt ermöglichten.

Frau Monasch hatte einen um 18 Jahre jüngeren Bruder Berthold. 1879 in Berlin geboren,
war er nur drei Jahre älter als seine älteste Nichte und so war der Onkel eigentlich wie ein älterer
Bruder der drei Schwestern. Berthold Monasch wurde nach einem Ingenieur- und Jurastudium
ein erfolgreicher Patentanwalt mit Wohnsitz in Leipzig. Er hatte, aus welchen Gründen auch
immer, bereits im April 1918 in Oberweiler das Haus Nr. 128 im Glasbachweg5 gekauft und damals
schon das Nießbrauchrecht für seine drei Nichten betreffend des Anwesens im Grundbuch
eintragen lassen, solange sie ledigen Standes seien, was sie ja auch bis zuletzt geblieben sind.
Dieses Haus stellte er der vertriebenen Familie zur Verfügung (Abb. 2).

Das war für alle zunächst ein großer Segen, denn ab 1918 waren die grenznahen Ortschaften
und Städte durch die Vertriebenen und die demobilisierten Soldaten überfüllt. Ihre Versorgung
und Unterbringung stellte die Gemeinden vor fast unlösbare Aufgaben, zumal die Verwaltungen
durch die politischen Veränderungen neu geordnet werden mussten. Es gab kein Großherzogtum
Baden mehr.

Doch das Glück hatte für die Familie keinen Bestand. Ihre geschäftlichen sowie zwischenmenschlichen
Beziehungen im Elsass waren abgebrochen und ein Neuanfang war für sie als
„Ostjuden" in einer fremden Umgebung und in den schwierigen Zeiten fast unmöglich. Vater
und Mutter Monasch überlebten die Vertreibung aus Mulhouse nicht lange. Die Mutter starb
schon 1919 im Alter von 57 Jahren, der Vater 1921.6 Beide fanden ihre letzte Heimat auf dem
jüdischen Friedhof in Müllheim, wo ihr Grab noch erhalten ist (Abb. 3).

Krotoschin, heute Krotoszyn, unweit der alten westpreußisch-schlesischen Grenze, etwa gleich weit von
Posen (Poznan) und Breslau (Wroclaw) entfernt. 1885 hatte die Stadt ungefähr 10.000 Einwohner, davon
waren 49 % katholischen, 40 % evangelischen und 11 % israelitischen Glaubens, aus: Wikipedia-Artikel
„Krotoszyn".

Heute: Rue de Sauvage, in der Okkupationszeit 1940-1945 „Adolf-Hitler-Straße" (sie)!
Bureau de L'Etat Civil de la Ville Mulhouse, Mitteilung a. d. V. vom 21.11.2011.
Heute: Glasbachweg 15, Badenweiler.
Standesamt Badenweiler, Mitteilung a. d. V. vom 23.10.1987.

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