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der damit einhergehenden Konzentration wirtschaftlicher Macht und der Einschränkung der
politischen und wirtschaftlichen Freiheit durch private Macht ein.

Die Frage, wie Macht Freiheit aufhebt, war in den späten 1920er-Jahren für Huch und Böhm
nicht nur ein rein wissenschaftliches Problem, sondern eines von großer politischer Relevanz.
Huchs Darstellung der deutschen Revolution von 1848/49 legt davon beredt Zeugnis ab. Für die
Gegenwart kam sie zu dem bitteren Schluss, dass das Streben nach Macht das Streben nach
Freiheit und Recht verdränge.5 Dass es um 1930 in Deutschland starke Kräfte gab, die in Politik
, Wirtschaft und Gesellschaft Freiheit und Recht verdrängen wollten, hatten Ricarda Huch
und ihr Schwiegersohn erkannt. Die politische Krise der Weimarer Republik interpretierten sie
als Krise der Verhältnisdemokratie. Den Wandel von weltanschaulich gefestigten Gesinnungsparteien
zu reinen Interessenvertretungen und das Vordringen parteigebundener egoistischer
Gruppeninteressen beklagte vor allem Ricarda Huch. Böhm war der Auffassung, dass in einer
Verhältnisdemokratie jede konsequente Wirtschaftspolitik unmöglich werde, da die Parteien
bei ihrer Suche nach Kompromissen einander widersprechende soziale und wirtschaftliche Interessen
zu befriedigen suchten. Das Weimarer System ermögliche es so, dass die einzelnen
Gruppen auf diese Weise den Staat für ihre jeweiligen Zwecke ausnutzten und eine klare, auf
Mehrheitsentscheidungen basierende Politik verhinderten. Ricarda Huch und Böhm hofften auf
eine Reform der Republik hin zu einem auf dem Mehrheitswahlrecht fußenden Parlament und
einer starken Regierung. In der aus der linksliberalen Deutschen Demokratischen Partei hervorgegangenen
Deutschen Staatspartei glaubten sie, die politische Kraft gefunden zu haben, die
das liberal-nationale Bürgertum zusammenfassen und als starke Partei der Mitte gegen rechte
und linke Parteien bestehen könnte. Sie setzten ganz auf die Regierung unter Reichskanzler
Heinrich Brüning als letzte Bastion gegen den aufkommenden Nationalsozialismus.6

Zu dieser Zeit lernte Franz Böhm Alexander Rüstow (1885-1963) kennen. Rüstow, der von
1919 bis 1924 als Referent im Reichswirtschaftsministerium tätig war, leitete seit 1924 die wirtschaftspolitische
Abteilung des Verbandes Deutscher Maschinenbauanstalten. Er war ein unersättlicher
Leser und nimmermüder Netzwerker. Schnell hatte er erkannt, dass der Jurist Böhm
in der Kartell- und Monopolfrage Auffassungen vertrat, die auch von ihm und dem an der Universität
Freiburg lehrenden Nationalökonomen Walter Eucken (1891-1950) vertreten wurden.7
Rüstow drängte Böhm, der zu diesem Zeitpunkt nur eine Veröffentlichung vorweisen konnte,
zur wissenschaftlichen Arbeit. Er sollte den beiden Nationalökonomen die juristische Grundlage
für ihre Argumente gegen wettbewerbsbeschränkende Machtkonzentrationen liefern.8 Bereits
Ende 1931 reichte Böhm seine Dissertationsschrift „Der Kampf des Monopolisten gegen
den Außenseiter als wettbewerbsrechtliches Problem" an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen
Fakultät der Universität Freiburg ein.9 Die Arbeit ist als erster Teil in die 1933 erschiene -

Ricarda Huch: Alte und neue Götter. Die Revolution des 19. Jahrhunderts in Deutschland, Berlin/Zürich
1930.

Zu Huchs politischen Auffassungen vgl. Marie Baum: Leuchtende Spur. Das Leben Ricarda Huchs, Tübingen
u. a. 1950, S. 330, sowie ihre brieflichen und publizistischen Äußerungen in: Ricarda Huch. Eine
Ausstellung des Deutschen Literaturarchivs im Schiller-Nationalmuseum, hg. von Jutta Bendt und Karin
Schmidgall (Marbacher Katalog 47), Marbach am Neckar 1994, S. 307-309 und 335-338.
Zu den Diskussionen zwischen Eucken und Rüstow über wirtschaftspolitische Fragen in der Weimarer
Republik vgl. Uwe Dathe: Euckens Weg zum Liberalismus (1918-1934), in: Ordo. Jahrbuch für die Ordnung
von Wirtschaft und Gesellschaft 60 (2009), S. 53-86.

Vgl. dazu den Brief von Franz Böhm an Theodor Eschenburg; Freiburg, 19.10.1932. Durchschlag im
Nachlass Rüstow, Bundesarchiv Koblenz (BArch), N 1169/26, Bl. 97-99.

Am 4.7.1931 schrieb Böhm an Rüstow, dass er mit der Dissertation beabsichtige, den Kampf"[...] gegen
die Koryphäen des deutschen Wettbewerbsrechts zu führen, BArch, N 1169/23, Bl. 82.

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