Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2020/0147
Die Habilitationsschrift, an der Franz Böhm arbeitete, verfolgte die Idee, die normativen
Bestandteile des marktwirtschaftlichen Systems aufzuzeigen und die zur rechtlichen Geltung
erhobene marktwirtschaftliche Ordnung als eine bewusst strukturierte Rechtsverfassung des
Wirtschaftslebens darzustellen.12 Hans Großmann-Doerth (1894-1944), der Lehrstuhlnachfolger
Hoenigers, charakterisierte die Arbeit in seinem Gutachten als Manifest für den rechtlich
umhegten Leistungswettbewerb als Grundelement einer freien Wirtschaft. Und Eucken, der
wegen der volkswirtschaftlichen Bedeutung der Arbeit ein Gutachten übernahm, führte u. a.
aus, dass es hinsichtlich des Unterschieds von freier Konkurrenz und Monopolkampf keine
Darstellung gebe, die sich an Anschaulichkeit und Umsicht mit der von Böhm messen könne.13
An dieser Stelle kann aus Platzgründen und weil für das Thema des Aufsatzes irrelevant nicht
näher auf Böhms bahnbrechende Analysen zum Privatrecht und zur Privatrechtsordnung als
Bausteine der Verfassung einer freien Marktwirtschaft eingegangen werden.14 Vielmehr soll
sich die vorliegende Untersuchung auf den zeitgeschichtlichen Kontext der Arbeit konzentrieren
und einige grundsätzliche ordnungspolitische Ideen Böhms beleuchten, die über den Rahmen
der Wirtschaftsverfassung hinausreichen. Franz Böhm legte seine Schrift im April 1933 der
Fakultät vor und verfasste im Juni das Vorwort zur Veröffentlichung. Sowohl Hoeniger als auch
Rüstow rieten ihm, die vor der Machtergreifung beendete Arbeit den neuen Gegebenheiten anzupassen
und einzelne Abschnitte zu überarbeiten bzw. im Vorwort die Bedeutung der Arbeit
für den Nationalsozialismus zu unterstreichen. Hoeniger, so Böhm in einem Brief an Rüstow,
habe ihm dringend geraten, diese für die jetzige Zeit ganz untragbare Arbeit zurückzuziehen
oder wenigstens grundlegend abzuändern}5 Alexander Rüstow ging nicht ganz so weit. Er empfahl
nur ein Vorwort, aus dem deutlich werde, dass für Böhm das Freiheitsprinzip zugunsten
des staatlichen Ordnungsprinzips deutlich zurücktrete.16 Franz Böhm, und in dieser Haltung
wurde er von Großmann-Doerth unterstützt, lehnte jede Änderung ab. Er schrieb Rüstow, dass
ihm der Gedanke, sich mit seinem Opus ans dritte Reich anzuhängen sehr unangenehm sei.17 Im
„Dritten Reich" mit seinem von Anfang an deutlich sichtbaren Bestreben, einen totalen Staat zu
errichten, mussten seine minutiösen historischen und systematischen Analysen wie ein Fremdkörper
vorkommen. Er konnte nachweisen, dass unter bestimmten politischen und rechtlichen
Bedingungen eine herrschaftsfreie Sozialordnung möglich ist und dass die wirtschaftlichen und
sozialen Probleme der Gegenwart nur in dieser Sozialordnung zu lösen sind. Unter einer herrschaftsfreien
Ordnung versteht er jede Ordnung, die zu ihrer Durchführung keiner befehlserteilenden
Herrschaftsinstanz bedürfe.18 Die Frage nach einer herrschaftsfreien Ordnung führt
ihn zur Freiheitsfrage. Seine Betrachtungen über das Verhältnis von Ordnung und Freiheit sind
historisch (veröffentlicht im Juni 1933!) und systematisch so bemerkenswert, dass ihre Kernaussage
nachfolgend zitiert wird:

Vgl. die Vorbemerkung von Franz Böhm zu dem unveränderten Neudruck der Habilitationsschrift, Köln
1964.

Gutachten vom 17.11. bzw. 27.11.1933, Universitätsarchiv Freiburg (UAF), B 110/331.
Vgl. dazu die Darstellungen von Mestmäcker (wie Anm. 1) sowie dessen Einführung zur Neuauflage von
Böhms Habilitationsschrift: Franz Böhm: Wettbewerb und Monopolkampf. Eine Untersuchung zur Frage
des wirtschaftlichen Kampfrechts und zur Frage der rechtlichen Struktur der geltenden Wirtschaftsordnung
, hg. von Ernst-Joachim Mestmäcker (Wirtschaftsrecht und Wirtschaftspolitik 246), Baden-Baden
2010, S. 5-14.

Franz Böhm an Alexander Rüstow; Freiburg, 24.6.1933, BArch, N 1169/31, Bl. 67f.
Alexander Rüstow an Franz Böhm; Berlin, 22.6.1933, ebd., Bl. 69f.
Franz Böhm an Alexander Rüstow; Freiburg, 27.6.1933, ebd., Bl. 89f.
Böhm (wie Anm. 10), S. 118.

147


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2020/0147