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dass die Blautöne mit wärmeren Farben belebt würden. So erhielten nur die hohen Spitzbögen
die Blautönung. In die Betonwände des Umgangs sind, neben blauen, auch rote, violette und
weiße unregelmäßige Glaszylinder in horizontalen und vertikalen Reihen eingelassen.
Die Form des auf vier Eckpfeilern aufgesetzten Altarblocks bzw. blockhaften Altartischs
reagiert gewissermaßen auf die Schrägen der Stützpfeiler der Architektur. Abgesehen davon,
weist er aber auch gewisse Ähnlichkeiten mit den Altarformen der Kirchen von Rudolf Schwarz
in Frechen und St. Michael in Frankfurt auf. Der Altarblock hat zwar einen ganz ähnlichen
Grauton wie die in Beton gegossenen Architekturglieder, er ist jedoch aus Stein gehauen. Die
Diskussionen der Amtskirchenvertreter im 20. Jahrhundert waren lange Zeit von Fragen geprägt
, welche Bauteile in natürlichen Materialien auszuführen seien und inwieweit man im
Kirchenbau künstliche Baustoffe zulassen dürfe. Die Anlehnung moderner Kirchenbauten an
Fabrikarchitektur und an neuartige und fremde Gestaltungsformen wurde zunächst als dem
sakralen Charakter des Gottesdienstraumes nicht angemessen eingestuft. In hohem Maße als
unangebracht wurde Beton für die Gestaltung der Prinzipalstücke auf der Altarinsel und der
übrigen liturgischen Ausstattung empfunden. Schließlich empfahlen die katholischen Baurichtlinien
der 1950er-Jahre, neuzeitliche Bautechniken und Materialien in der Architektur zuzulassen
. Allerdings dürfe bei ihrer Verwendung nicht auf eine lockere Verbundenheit mit dem
Kirchenbau der Vergangenheit (frühchristlich/romanisch/gotisch) verzichtet werden. In Bezug
auf die liturgischen Ausstattungsgegenstände sei aber weiterhin auf möglichst hochwertige natürliche
Materialien zu achten. Beton galt gewissermaßen als Anmaßung wider die Schöpfung
Gottes.
Tabernakel, Ambo, Altarleuchter und Altarwand sind nüchtern und funktional mit zurückhaltend
abstrakter Ornamentik verziert. Das gleiche gilt für die vom Freiburger Goldschmied
Kemter beigesteuerten Apostelleuchter und den Taufbrunnendeckel.
Die zwischen zwei Pfeilern hinter der Altarinsel aufragende Altarwand besteht aus längs-
und hochrechteckigen Bronzeplatten, die sich in der Mitte zu Quadraten verdichten und insgesamt
eine Kreuzform ergeben (diese Motivik kehrt an den Türen der Eingangsportale wieder).
Der Tabernakel ist nicht mehr auf dem Altar aufgesetzt, sondern ein eigenständiges kreuzförmiges
Ausstattungsstück, das seitlich vom Altar abgerückt steht. Die Tragkonstruktion setzt sich
aus schmalen Bronzeplatten zusammen. Der Aufbewahrungsort verbirgt sich in einem Ring aus
kristallin gebrochenen Formen. Sie reagieren stilistisch sowohl auf die Formen des Altarblocks
als auch auf die der Architektur. Die Gliederung von Fuß und Stütze des Lesepultes des Ambos
zitiert die Form des Tabernakels. Die Formensprache wiederholt sich am Taufleuchter. Bei der
Gestaltung des Taufsteins ist eine Orientierung an der des Taufsteins in St. Michael in Frankfurt
unverkennbar.
Würdigung
Von den unter Heines Federführung entstandenen bemerkenswerten modernen Kirchenbauten
Badenweiler, Bad Säckingen und Freiburg-Betzenhausen ist der Entwurf von St. Albert der
innovativste. Dafür berücksichtigte Heine die grundlegenden theoretischen Schriften zum katholischen
Kirchenbau nach dem Verständnis der Liturgischen Bewegung von van Acken und
Schwarz. Mit der symbolisch als Königskrone Christi und gleichzeitig als Stadtkrone inszenierten
basilikalen, neugotischen Kuppelkirche in Fertigbeton gelang ihm eine virtuose Lösung,
bei der statisch-funktionale und expressionistische Vorstellungen von der Gotik im 19. und 20.
Jahrhundert in modernen Baustoffen zu einer perfekten Symbiose verschmelzen.
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