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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2020/0195
Trotz des Formats, der sorgfältigen, geradezu opulenten Gestaltung und der außerordentlichen
Druckqualität ist beileibe kein reines „coffee-table"-Buch entstanden, das zu Repräsentationszwecken auf
den Wohnzimmertisch ausliegt. Dagegen sprechen die durchdachte Bildauswahl und die ebenso lesbaren
wie anspruchsvollen Texte auf wissenschaftlichem Niveau, durch die man in dem Band nicht nur einfach
herumblättern mag, sondern sich auch auf eine anregende Reise zur Kunst- und Architekturgeschichte
entlang des Rheins begeben kann.

Als einziger kleiner Wermutstropfen ist der völlige Verzicht auf die Nennung von Literatur zu den
neun Bauwerken zu bemerken. Eine kurze Auflistung mit den zu allen Bauwerken vorhandenen, zumeist
sogar in jüngster Zeit erschienenen Standardwerken (etwa zu Konstanz, Basel, Freiburg und Straßburg)
hätte das ansonsten großartige Werk sinnvoll abgerundet, vielleicht auch eine Karte des Rheinverlaufs
mit den beschriebenen Bauwerken. Trotzdem ist „Macht und Herrlichkeit" ein mit Gewinn lesbares, vor
allem anschaubares und unterm Strich rundum empfehlenswertes Überblickswerk. Peter Kalchthaler

Menschen in Bewegung, hg. von Juliane Geike und Andreas Haasis-Berner (Lebenswelten im ländlichen
Raum. Historische Erkundungen in Mittel- und Südbaden 4), Verlag Regionalkultur, Ubstadt-
Weiher u. a. 2019, 237 S., zahlr. S/W-Abb.

Nach bereits drei Bänden zu „Lebenswelten im ländlichen Raum" befasst sich dieser Band mit
Menschen, die aus verschiedenen Gründen ihre Heimat verließen oder verlassen mussten. Im
Vordergrund standen meist existenzielle und politische Gründe, die zur Migration führten. Dies konnte
sowohl Einwanderung wie Auswanderung bedeuten. Aus freien Stücken oder gezwungenermaßen,
nur vorübergehend oder für immer versuchten sie, vorwiegend durch Binnenmigration, sich bessere
Lebensverhältnisse zu verschaffen. Elf Autoren - Historiker, Lehrer und Heimatforscher - zeigen die
vielfältigen Wanderungsmöglichkeiten auf und betrachten individuelle Lebensgeschichten innerhalb
Mittel- und Südbadens, um dadurch mehr über Gründe, Befindlichkeiten und seelische Zustände der
Ein- oder Auswandernden wie auch der Flüchtlinge und Vertriebenen zu erfahren. Dies gelingt nicht
immer, wie die Befragung einer 1945 aus Ostpreußen geflüchteten Frau zeigt (Anja Schellinger/
Uwe Schellinger, S. 181f), die trotz sehr belastender Vorfälle durch die Flucht kaum „emotionale
Regungen" zeigte. Bei Flüchtlingen und Vertriebenen verhinderten traumatische Erlebnisse während
und nach den zwei Weltkriegen das Sprechen über Erlebtes. Daher konnte die Vergangenheit
nicht aufgearbeitet werden. So bildeten die während und nach dem Zweiten Weltkrieg Vertriebenen
in Elzach zwar eine Interessengemeinschaft (Heiko Haumann, S. 141), aber sahen in dieser ihre politischen
Vorstellungen nur unvollkommen vertreten. Die Integration gelang daher erst in der nächsten
Generation, nicht zuletzt wegen unterschiedlicher Konfessionen.

Die Vertreibung der Deutschen aus dem Oberelsass, dem „Reichsland" Elsass-Lothringen, während
und nach dem Ersten Weltkrieg zeigt eine andere Situation, denn ihr Fluchtweg war wesentlich kürzer,
von der linksrheinischen zur rechtsrheinischen Seite. Auch wenn sie sich wieder eine neue Existenz
aufbauen mussten, fühlten sie sich nicht so fremd, da sie annähernd gleiche Sitten und Bräuche im neuen
Wohnort vorfanden. Wie viele „Altdeutsche" des inzwischen zu Frankreich gehörenden Gebiets des
Landes verwiesen worden waren, ist unsicher. Man weiß lediglich, dass 513.800 „feindliche" Deutsche,
sogenannte „Boches", Ende 1918 gezählt wurden (Günther Klugermann, S. 113).

Andere Gründe als bei Flucht und Vertreibung führten im 19. Jahrhundert zum Verlassen der Heimat.
Diese Menschen waren in der Regel nicht dazu gezwungen - eine Ausnahme bildeten Kleinkriminelle,
von Gemeinden abgeschobene Ortsarme und politisch Verfolgte der 1848er-Revolution -, sondern
entschlossen sich freiwillig, in ein anderes Land zu reisen, wenn sie dort mit besseren Arbeits- und
Lebensbedingungen rechnen konnten. Man spricht daher von Wirtschaftsmigration. Die Auswanderer
folgten dem Sog der Zeit, der von Amerika ausging, dem Traum von Freiheit, und wagten die riskante
Überfahrt, wussten um die materielle Unsicherheit und die Schwierigkeit, eine neue Sprache erlernen

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