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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2020/0196
zu müssen. Erleichtert wurde dieses Unternehmen, wenn sie „drüben" schon Verwandte oder Bekannte
vorfanden wie Leopold Guth aus Simonswald, der seinem Bruder nach Pennsylvania folgte (Hans-Jürgen
Wehrle, S. 64). Während ein ausgewanderter Offenburger die Vereinigten Staaten als Elente Welt bezeichnete
(Wolfgang M. Gall, S. 22), fühlte sich ein aus Buchholz stammender „48er" dort so wohl, dass
er in Niagara Falls ein Hotel baute und sich auch dort begraben ließ (Frank Paske/Hansjörg Fräulin, S.
67ff). Ein Denzlinger Seiler entzog sich 1848 ebenfalls der badischen Polizei durch Flucht nach Amerika.
Er schätzte die große Freiheit: Man braucht den Hut nicht unter den Arm zu nehmen wie bei euch [...].
Er konnte ihn bei einer Amtsperson sogar aufbehalten (Kurt Hochstuhl/Dieter Ohmberger, S. 55). Im
Alter von 96 Jahren starb er als angesehener Großfarmer in Iowa.

Schon seit vielen Jahrhunderten wurden Handwerker und spezielle Fachleute als Saison- und
Wanderarbeiter aus anderen Ländern engagiert, für den Bau von Straßen und Brücken und vor allem für
den Eisenbahnbau. Hierfür eigneten sich die Italiener besonders, die als Wanderarbeiter für eine Saison,
von Ende Februar bis Mitte November hierher kamen. Wer blieb, heiratete oft eine Einheimische wie
Salvatore Pontiggia, der eine Frau aus Spitzenbach ehelichte. Aber die Verbindung zu seiner Heimat blieb
bestehen, denn selbst in der zweiten Generation wurde dessen Tochter noch die „Italienerin" genannt
(Jürgen Herr/Karl Tränkle, S. 153).

War der Bau von Eisenbahnen ein Novum, so beruhte die Flößerei auf einem schon im Mittelalter bekannten
Transportverfahren. Was aber 1866 in Niederösterreich auf der Ybbs, einem „NiedrigwasserfTuss",
von 13 Flößern aus dem Kinzigtal zur Dampfsäge in Amstetten transportiert wurde, war eine Sensation:
ein Riesenfloß, bestehend aus 87 Flößen mit etwa 33.000 Festmetern (Hans Harter, S. 35). Dass ein
solches Experiment gelang, verdankten die Österreicher dem Floßmeister Abraham Koch aus Schiltach.
Er ließ die Ybbs von Hindernissen befreien und sie über spezielle Einbauten floßbar machen - durch
Sperren und Schüttwehre über Wasserfälle. Koch kam dabei die Schwarzwälder Floßtechnik zugute, wie
sie z. B. an der Kinzig verwendet wurde, wo die Gestörflöße eine Länge von fast 500 Metern erreichten.
Acht Jahre lang fanden so Männer aus dem Kinzigtal gut bezahlte Arbeit auf Zeit, kehrten aber danach
wieder zurück in ihre Heimat.

Eine ganz andere Motivation bewog das „Fahrende Volk". Ihre Wanderneigung, eine Binnen- und
Erwerbsmigration, hing mit ihrer sozialen, rechtlichen und von Armut geprägten Randstellung zusammen
. Hierzu gehörten auch „Zigeuner", „Betteljuden" und eine umherziehende Sozialschicht, im
Alemannischen „Jenische" genannt (Ulrich Friedrich Opfermann, S. 190). Artisten, Schausteller,
Theater- und Zirkusleute sowie Hausierer waren zahlreichen Restriktionen und Verfolgungen unterworfen
, vor allem in der NS-Zeit. Viele noch heute bekannte Namen wie Traber, Renz, Spindler sind längst
ortsgebunden, aber noch im Unterhaltungsgewerbe tätig. „Migration war für diese Menschen eine lebensgeschichtliche
Vorgabe" (ebd., S. 232).

Dieses vielseitige Buch vermittelt ein breites Spektrum von Menschen, die auf Zeit, für immer, aus
Zwang oder aus Bedürfnis ihren Lebensmittelpunkt verliessen. Die Autoren versuchten, deren Motive zu
ergründen. Ursula Huggle

Clemens Regenbogen: Das burgundische Erbe der Staufer (1180-1227). Zwischen Akzeptanz und Konflikt
(Mittelalter-Forschungen 61), Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern 2019, 622 S., Abb., Karten und Tafeln.

Es begann alles mit der Scheidung Friedrich Barbarossas von seiner ersten Frau Adela von Vohburg
1153 und der erneuten Heirat des Kaisers mit Beatrix von Burgund drei Jahre später. Ihm ging es
dabei wohl darum, die Westflanke des Reiches enger an seinen Herrschaftsbereich zu binden.
Damit war auch ein besserer Kontakt zur französischen Krone und zum englischen Königshaus
gegeben.

Beatrix wollte nun Otto, einem ihrer gemeinsamen Söhne, das burgundische Erbe sichern. Der
Kaisersohn, den Clemens Regenbogen als „Führerreserve" bezeichnet, wurde dann auch Graf von

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